Start Gesellschaft Mut und Vertrauen aus dem Glauben schöpfen

Mut und Vertrauen aus dem Glauben schöpfen

Pfarrer Dr. Erich Ackermann an seiner alten Wirkungsstätte in der Evangelischen Studierenden Gemeinde in Mainz. Foto: Ulrich Nilles

HARTENBERG-MÜNCHFELD – Kürzlich wurde Dr. Erich Ackermann in einem feierlichen Gottesdienst von seinem Dienst als Pfarrer entpflichtet. Zuvor war er 16 Jahre seelsorgerisch in der Evangelischen Studierenden Gemeinde (ESG) tätig. Journal LOKAL nahm dies zum Anlass für ein Gespräch.

Herr Pfarrer Ackermann, während Ihres Dienstes haben Sie 32 Erstsemester-Generationen begleitet. Was waren Ihre zentralen pastoralen Anliegen?

Pfarrer Ackermann: Es hat mir sehr viel Freude gemacht, Studierende auf der Suche nach dem persönlichen Lebensweg zu begleiten. Dabei war das Zuhören wichtig. Das immer wieder Mut machen, aus der Kraft des Glaubens zu leben und zu zeigen, dass Glaube real ist. Natürlich ging es ebenso um Beratung in lebenspraktischen Fragen wie Wohnungs- oder Jobsuche, Freundschaften usw.

Bei Ihrer Verabschiedung nannten Sie „Fürchte dich nicht; ich habe dich bei deinem Namen gerufen“ als Leitfaden für Ihr Wirken. Haben diese Worte heute überhaupt noch eine Bedeutung für uns?

Pfarrer Ackermann: Für mich hat diese Bibelstelle heute noch Bedeutung. Es gibt viele Momente, die Ängste in uns auslösen. Menschen, die uns vereinnahmen, bewerten, belehren, uns Vorschriften machen. Das Prophetenwort bestärkt, dem eigenen Weg zu folgen und Mut und Vertrauen aus dem Glauben zu schöpfen.

In den vergangenen 16 Jahren haben Sie eine Anzahl von sichtbaren Projekten initiiert. Bitte erzählen Sie unseren Leserinnen und Lesern darüber.

Pfarrer Ackermann: Da war zunächst die Renovierung der Kirche im Jahr 2015. Auf dem Weg dorthin haben wir Stolpersteine mit Worten wie „Spüren, Suchen, Lieben“ verlegt. Der Bodenbelag des Vorplatzes ist derselbe wie auf dem Fußboden der Kirche selbst: Im Ort des Heiligen ist die Welt. Die Einrichtung der ESG-Bar hat sich als guter Treffpunkt etabliert. Sie ist ein Ort der Begegnung unabhängig von Religion und Weltanschauung. Nach Corona findet dort regelmäßig wieder live-Musik statt, was der Zusammenarbeit mit der der Musikhochschule und dem Kulturcafé zu verdanken ist. Sehr gerne erinnere ich mich auch an die Aktionswoche „Flucht. Neue Wege gehen“ (2014) und an das Fastenbrechen (2019) mit einer Gruppe von 50 Muslimen und Christen.

Ihr Blick galt auch ausländischen Studierenden in Mainz. Wie konnten Sie helfen?

Pfarrer Ackermann: Hier handelt es sich um Beratungsgespräche für internationale Studierende in Mainz, die in Not geraten sind. Es geht vor allem um finanzielle Unterstützung, unabhängig von der Konfession. Im Gegenzug haben die Unterstützen ihr Heimatland vorgestellt und uns manchmal bekocht.

Während Ihrer Amtszeit haben Sie sehr intensiv mit der benachbarten Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) zusammengearbeitet. Eine Chance für mehr ökumenischen Dialog in der Zukunft?

Pfarrer Ackermann: Auf jeden Fall! Ohne Ökumene geht es nicht. Ökumene ist die Gegenwart und die Zukunft. Christen treten gemeinsam auf. ESG und KHG führen viele gemeinsame Veranstaltungen durch. Beide haben z. B. ein „Wellcome Bike“ erworben, mit dem sie auf dem Unigelände auftreten und bei Kaffee und Süßigkeiten ins Gespräch kommen.

Jetzt im Ruhestand angekommen, worauf freuen Sie sich am meisten?

Pfarrer Ackermann: Ich freue mich auf die Möglichkeit, meinen Tagesablauf nach eigenen Vorstellungen strukturieren zu können. Auch Gottesdienste werde ich weiterhin ehrenamtlich halten. Das gehört zu mir. Auch für meine theologisch-wissenschaftlichen Studien steht mir jetzt mehr Zeit zur Verfügung. Und auf jeden Fall möchte ich mich regelmäßiger um meine Enkel kümmern und Reisen unternehmen.

Ulrich Nilles