Start Gesellschaft „Reicher Schatz der jüdischen Geschichte von Mainz“

„Reicher Schatz der jüdischen Geschichte von Mainz“

Ortskurator Robert Sommer von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (2.v.r.) übergibt OB Nino Haase (2.v.l.) den Förderbescheid. Foto: Gregor Starosczyk-Gerlach

MAINZ – Pünktlich zum zweiten Jahrestag der Erklärung des jüdischen Kulturerbes in Mainz, Worms und Speyer zum UNESCO Weltkulturerbe übergab die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) 23.500 Euro an die Stadt Mainz. Die Förderung für die restauratorischen und konservatorischen Maßnahmen an 49 Inschriftenfeldern der gefährdeten Grabsteine auf dem Alten Jüdischen Friedhof in Mainz konnte dank Spenden, sowie der Lotterie GlücksSpirale geleistet werden, erläuterte Robert Sommer, Ortskurator Mainz der DSD, im Beisein des Oberbürgermeisters Nino Haase (parteilos).

Haase bedankte sich für den Förderbescheid: „Wir zeigen damit gemeinsam, dass wir das Vermächtnis in Mainz, auf das wir stolz sind, pflegen und das jüdische Erbe für die Zukunft erhalten wollen“. Er wies darauf hin, dass ein jüdischer Friedhof ein Ort sei, „bei dem man besonders kultursensibel vorgehen muss“. Erfreut zeigte er sich in dem Zusammenhang über die Übereinkunft mit der jüdischen Gemeinde, die zu speziellen Anlässen geführte Besichtigungen auf dem Friedhofsareal ermögliche. So auch am Tag der Spendenübergabe. „Es freut mich zu sehen, wie groß das Interesse der Bevölkerung an der jüdischen Kultur ist. Damit wird Mainz dem Weltkulturerbetitel gerecht.“

Wie Haase erläuterte, habe die Stadt bereits damit begonnen, „besonders einsturzgefährdete Steine zu sichten und zu sichern, damit nicht etwas verfällt, was wir nicht unwiderruflich verloren ginge“. 49 Grabsteine wurden durch Steinkonservatoren gerettet. Als Partner für die Inschriftendokumentation hob Haase das Salomon Ludwig Steinheim-Institut  an der Universität Duisburg-Essen hervor.

Laut der Denkmalschutzstiftung stammen manche Grabsteine aus dem 11. Jahrhundert. Auf dem unteren Teil des „Judensandes“ befinden sich gegenwärtig etwa 1.500 Grabsteine aus der Zeit zwischen 1700 und 1880, als der Friedhof aufgrund geänderter Vorschriften endgültig geschlossen worden sei.

Beim nächsten Projekt sollen die Grabsteininschriften transkribiert und konserviert werden. „Der Friedhof ist ein Gedächtnis der jüdischen Gemeinde und ein reicher Schatz der jüdischen Geschichte für unsere Stadt sind.“

Etwa eine Million Euro sollen in der kommenden Dekade in die Konservierung fließen, so der OB mit Verweis auf die Beschlüsse der Stadtgremien. Auch die Denkmalschutzstiftung beabsichtigt nach eigener Auskunft in den nächsten Jahren weitere Förderanträge für das Vorhaben zu bewilligen.

Eine Aufnahme des Alten Jüdischen Friedhofs. Foto: Deutsche Stiftung Denkmalschutz/Wegner

Der alte jüdische Friedhof von Mainz, der sogenannte „Judensand“, gilt neben dem „Heiligen Sand“ von Worms als ältester jüdischer Friedhof Europas. Noch heute besticht er durch seine Formenvielfalt und durch die dichte Aufstellung der Grabsteine. Die hebräischen und deutschen Inschriften dokumentieren die Bedeutung der jüdischen Gemeinde, die sich linksrheinisch unter französischer Herrschaft im deutschsprachigen Gebiet ab 1798 also früher als andernorts emanzipieren konnte.

Das nordwestlich der Mainzer Innenstadt befindliche Friedhofsareal lag ursprünglich außerhalb der mittelalterlichen Stadt. Es erstreckte sich entlang der ehemaligen römischen Ausfallstraße, der heutigen Mombacher Straße.

Hier wurden Jüdinnen und Juden aus Mainz und der näheren Umgebung bestattet, viele Grabsteine stammen bereits aus dem 11. Jahrhundert. Mehrfach wurde die ewige Ruhe der Toten am „Judensand“ gestört. Als die jüdische Gemeinde 1438 vertrieben wurde, entfernte man zahlreiche Grabsteine und verwendete sie als Baumaterial, Teile des Friedhofgeländes verpachtete die Stadt als Weinberg. Nachdem sich nach 1583 erneut eine jüdische Gemeinde in der Stadt konstituieren konnte, wurde der Friedhofsteil an der Mombacher Straße weitergenutzt. Seit 1713 fanden hier wieder regelmäßig Bestattungen statt.

Autor: Gregor Starosczyk-Gerlach