Start Rheinhessen/Mainz Rettung will geübt sein Verein >>> Training mit tierisch viel Spaß

Rettung will geübt sein Verein >>> Training mit tierisch viel Spaß

Mantrailer: Jede Suche beginnt mit der Geruchsprobe. Foto: Michael Türk

NIERSTEIN – Samstag, 10 Uhr morgens. Irgendwo auf einem unwegsamen Gelände in Nierstein. Das Thermometer nähert sich der 30 Grad Marke. Trainingsbeginn. Die 11 teilnehmenden Modellathleten stehen freudig erregt bereit. Auf dem Programm heute: Mantrailing und Flächensuche.

Die Rede ist vom regelmäßigen Training des Vereins „Suchhunde Rheinhessen“, Anfangs des Jahres neu gegründet und Anwärter im Bundesverband zertifizierter Rettungshundestaffeln. Der Verein besteht aus einigen erfahrenen Hundestaffelführern und einer Vielzahl weniger erfahrenen Mitgliedern, die hier unter der Leitung von vier Trainern für die Aufnahmeprüfung und spätere, praktische Einsätze üben. Natürlich stehen die Hunde dabei im Mittelpunkt, aber schnell wird klar: nur als Team können Hund und Mensch erfolgreich agieren.

Flächensuche: Auch Herausforderungen können den Suchhund nicht vom Ziel abbringen. Foto: Michael Türk

Den Anfang des heutigen Trainings machen die Mantrailer. Sie müssen anhand einer Geruchprobe die Spur eines Menschen verfolgen und ihn letztendlich ausspüren. Bevor es für den ersten Hund aber losgeht, wird ihm ein Geschirr angelegt, das ihn deutlich sichtbar als Suchhund kennzeichnet – im Ernstfall auch als Selbstschutz beispielsweise vor Jägern im Einsatzgebiet. Kaum ist dies geschehen, wirkt der Hund komplett auf seine Aufgabe fokussiert und lässt sich auch von äußeren Einflüssen wie etwa andere Hunde in der Nähe nicht mehr ablenken. Die Geruchsprobe wird intensiv beschnuppert und schon geht die „Jagd“ los. Die Nase knapp über dem Boden, legt der Hund ein heftiges Tempo vor, was auch dem Hundeführer eine gute Kondition abverlangt. Dann, nach einigen Metern, die erste Herausforderung: eine Wegekreuzung. Der Hund schnuppert alle vier Möglichkeiten ab, bevor er sich zielsicher für eine Richtung entscheidet. An dieser Stelle ist auch der Hundeführer gefordert: wirkt der Hund unsicher, besteht die Gefahr, dass er die Spur verliert? In solchen Fällen kommt genau an dieser Stelle ein anderer Mantrailer zum Einsatz. Unser Hund aber strebt weiter, mal links, mal rechts abbiegend, bevor er laut bellend vor der gesuchten Person stehenbleibt. Aufgabe erfüllt, Leckerli verdient.

Bei der nächsten Trainingsgruppe geht es um die Flächensuche. Die darauf spezialisierten Hunde müssen in der Lage sein, eine Fläche von mehreren Hektar nach vermissten Menschen abzusuchen – ohne eine vorgegebene Geruchsprobe. Ein auffälliges Merkmal der Flächensuchhunde: sie sind im wahrsten Sinn des Wortes deutlich hochnäsiger als Mantrailer, Doch bevor es auch für sie losgeht, ist erst einmal der Hundeführer gefordert: mit Hilfe von Seifenblasen bestimmt er die vorherrschende Windrichtung, um seinen Hund an der genau richtigen Stelle zum Einsatz zu bringen. Der Hund nimmt dort dann Witterung auf und beginnt in großen, kreisförmigen Läufen das Suchgebiet immer weiter einzugrenzen – dabei die Nase immer wieder hoch in die Luft gereckt. Nun ist in der Realität das Gebiet aber selten eben, sondern Hindernisse wie Mauern oder Gebäude können die Thermik und damit auch die Duftspuren massiv beeinflussen. Deshalb ist hier wieder die theoretische Ausbildung der Hundeführer gefragt. Er sollte um die Veränderungen wissen und den Hund bei Bedarf auf alternative Suchrouten ansetzen. So wird schließlich auch hier der Hund wieder laut bellend anschlagen, wenn er die vermisste Person aufgespürt hat. Für den Hund ist eine Flächensuche, so die Aussage eines Ausbilders, übrigens genau so anstrengend wie ein mehrstündiger Spaziergang. Aber – und das kann man den Hunden wirklich ansehen – sie sind stolz wie Bolle, wenn sie erfolgreich waren. Leistungssportler eben.

Michael Türk

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Vor, während und nach dem Studium der Politischen Wissenschaften an der Universität Hamburg konnte ich erste journalistische Erfahrung bei diversen Medien in Kiel (meinem Geburtsort) und Hamburg sammeln. Anschließend ging es dann für gut 30 Jahre in die Werbung, zuerst als Texter und dann als Creative Director und GF Kreation, in verschiedenen nationalen und internationalen Werbeagenturen. Vor etwa zwei Jahren schließlich der Schritt zurück zu den Wurzeln, der journalistischen Arbeit: seitdem verantworte ich beim Journal LOKAL die Ausgaben VG Bodenheim und VG Rhein-Selz sowie die meisten Sonderveröffentlichungen.