VG GAU-ALGESHEIM/VG BODENHEIM/VG RHEIN-SELZ/VG NIEDER-OLM – Wie geht die Wasserversorgung Rheinhessen-Pfalz GmbH (WVR) mit den klimatischen Herausforderungen um? Der Wasserversorger kümmert sich darum, dass die Menschen in den Verbandsgemeinden Gau-Algesheim, Bodenheim, Nieder-Olm und Rhein-Selz genügend und sauberes Wasser bekommen. Journal LOKAL sprach mit der Leiterin der Abteilung Forschung und Entwicklung, Umweltingenieurin Natalie Wick, und mit Petra Postrach, Öffentlichkeitsarbeit, über die strategischen Ziele der WVR und die aktuelle Projekte.
Journal: Frau Wick, Sie sind als Leiterin der Abteilung Forschung und Entwicklung unter anderem für die Entwicklung von Maßnahmen zur Klimaanpassung zuständig. Welche Schwerpunkte setzt die WVR in diesem Bereich und wie gelingt die zeitnahe Umsetzung der konkreten Maßnahmen?
Natalie Wick: Wir stehen als Versorger der Kritischen Infrastruktur vor großen Herausforderungen. Zwei unserer Prioritäten sind die langfristige Sicherstellung der Wasserversorgung, denn die meisten der heute geplanten Anlagen und Prozesse sollen wenigstens die Bedarfe der nächsten 50, besser 100 Jahre decken, sowie die Reduzierung unseres Energiebedarfs. Seit längerem planen wir vorausschauend entsprechende Maßnahmen.
So haben wir aktuell unsere große PV-Anlage eingeweiht, die rund 50 Prozent unseres hiesigen Bedarfs und rund 25 Prozent des Gesamtenergiebedarfs decken wird. Meine Abteilung ist ans Betriebsmanagement angegliedert, so dass die internen Prozesse nahtlos von den theoretisch erarbeiteten Konzepten in die praktische Umsetzung überführt werden können. Schwerpunktmäßig arbeiten wir aktuell an drei Projekten, nämlich TrinkXtrem, aKtIv und IMPULS.
Journal: Bitte erklären Sie uns, welche Ziele und Maßnahmen sich hinter diesen Begriffen verbergen.
Petra Postrach: Bei „TrinkXtrem“ handelt es sich um ein Verbundprojekt aus Wasserversorgern, Forschungseinrichtungen und Ingenieurbüros, die die prognostizierten Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserversorgung untersuchen. Ziel ist es, Methoden, Vorsorgekonzepte und praxisnahe Werkzeuge für den Umgang mit Extremereignissen zu entwickeln, beispielsweise Szenarien zur Anpassung und Optimierung der Trinkwasserversorgung aus Uferfiltratanlagen.
Das Projekt „aKtIv“ entwickelt einen „digitalen Zwilling“ der aktuellen Versorgungsstruktur. Durch die Verknüpfung mit dem Echtzeit-System kann man potenzielle Mangellagen frühzeitig erkennen und diese durch eine agile Steuerung gegebenenfalls vermeiden. „IMPULS“ behandelt das integrierte Risikomanagement zum Schutz der Bevölkerung vor Extremereignissen. Das Forschungsprojekt konzentriert sich auf den Bereich Wasser, weil die Versorgung mit Trinkwasser grundlegend für die Daseinsvorsorge ist.
Journal: Welche Risiken stehen ganz konkret im Fokus ihrer Arbeit?
Natalie Wick: Die Bedarfe an Trinkwasser steigen bei gleichzeitigem Rückgang des natürlichen Dargebots. Dafür sorgen Extremwetterereignisse, wie lange Trockenphasen und Starkregen. Das natürliche Grundwasserdargebot sinkt kontinuierlich und langfristig. Dazu kommen kaskadierende Effekte, zum Beispiel ein Zusammenbruch der Stromversorgung als Folge von Extremwetter. Nicht zu vergessen den erhöhten Informationstransfer, also die digitale Kommunikation auf allen Ebenen, trotz steigender Cyber-Risiken und erhöhter Anforderungen an die Sicherheitsvorkehrungen.
Journal: Vor Kurzem warnte Ministerin Katrin Eder vor dem starken Rückgang der Grundwasserneubildung in Rheinland-Pfalz, besonders in Rheinhessen. Wie sichern Sie die nachhaltige Trinkwasserversorgung?
Natalie Wick: Es stimmt, in Rheinhessen ist die Grundwasserneubildungsrate in den vergangenen 20 Jahren um 40 Prozent zurückgegangen. Aber wir müssen uns aktuell trotzdem keine Sorgen machen. Wir gewinnen das Trinkwasser zu 80 Prozent aus Rheinuferfiltrat und nur zu 20 Prozent aus landseitig zufließendem Grundwasser. Der Rhein ist bisher relativ klimaresistent und das Grundwasser am Standort Guntersblum hat eine „gute Aquifermächtigkeit“, das heißt, das Grundwasser kommt aus 60 Meter tiefen Brunnen. Als eine weitere präventive Maßnahme werden die wasserspeichernden Kapazitäten für unser Versorgungsgebiet – vom Donnersbergkreis bis zum südlichen Mainz – nach und nach erweitert.
Petra Postrach: Erwähnt werden sollte auch, dass wir alle helfen können, unsere Versorgung mit Trinkwasser langfristig sicherzustellen. Wir alle können sorgsam mit der Ressource Wasser umgehen, um es möglichst sinnvoll zu verwenden. Aus diesem Grund binden wir schon Kitas und Schulen in unseren Kommunikationsauftrag mit ein: Wir sollten von klein auf lernen, unser Wasser wertzuschätzen und es nicht zu verschwenden. Damit wir trotz Klimawandel gutes Wasser haben.
Journal: Vielen Dank für das Gespräch.