Start Gesellschaft „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“ 28. Internationales Kulturfest in Nierstein naht

„Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“ 28. Internationales Kulturfest in Nierstein naht

Nierstein feiert im Stadtpark bald erneut das friedliche Miteinander und die Vielfalt der Kulturen (Archivbild 2023). Foto: Arbeitskreis Asyl Nierstein.

NIERSTEIN – Unter dem sanften Motto „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Volker“ will der Arbeitskreis Asyl Nierstein mit möglichst vielen Menschen das inzwischen 28. Internationale Kulturfest im Niersteiner Stadtpark feiern. Journal LOKAL hat im Vorfeld mit Wolfgang Schwerdfeger, einem der Initiatoren und Organisatoren des Festes, das am 23. Juni um 15 Uhr beginnt, gesprochen.

Journal LOKAL: Wie sind die Ursprünge des Festes, Herr Schwerdfeger?

Wolfgang Schwerdfeger: In Nierstein leben Menschen aus 50 Nationen. Dies Zusammenleben wollten wir einfach feiern. Das Fest gibt es inzwischen seit drei Jahrzehnten. Ich denke also, dass dies uns bisher recht gut gelungen ist. Es gab immer wieder Themen, die mit Flucht zu tun hatten, und dass es ja kein Spaß ist, ein Geflüchteter zu sein, immer wieder in den Fokus zu bringen, finden wir wichtig. Gerade in der aktuellen Situation, wo es Menschen gibt, die sehr bezweifeln, dass die Menschen, die zu uns kommen auf der Flucht sind.

Journal: Gibt es eine Anekdote aus der Anfangszeit des Festes, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Schwerdfeger: Wir waren eine lose Vereinigung von Menschen, die ein gemeinsames Thema hatten. Eigentlich sind wir ohne Erwartungen daran gegangen. Am Anfang mussten wir fast alles selbst organisieren. Angefangen bei einem riesengroßen Toiletten-Bauwagen, über ein Baugerüst für die Bühne, die keine Überdachung hatte. Im Prinzip sind wir schon immer eine Gruppe von sechs bis acht Leuten gewesen, die das Fest in privater Hand organisieren. Vieles war improvisiert. Wir sind auch bewusst kein Verein geworden.

Journal: Wann kam das Fest in sichere Gewässer?

Schwerdfeger: In den 2000-er Jahren sind wir nach und nach ein wichtiger Teil der Kulturlandschaft in Nierstein geworden und eigentlich auch die ersten, die ein kostenloses Fest mit angenehmen und unterhaltsamen Stunden für die Menschen, vor allem die Familien, angeboten hatten. Außer dem Lichterfest und einem SPD-Fest hat im Park überhaupt nicht viel stattgefunden.

Kulturfest 2023. Foto: Arbeitskreis Asyl Nierstein

Journal: Wie sieht die Zukunft des Festivals aus?

Schwerdfeger: Wir bleiben bewusst nicht kommerziell und wollen durch den kostenlosen Eintritt vor allem die Familien unterstützen. Ich habe selbst drei Kinder großgezogen. Wenn eine Familie heute fünf bis zehn Euro für den Eintritt entrichten muss und sich ein bisschen Essen und etwas zu trinken gönnt, dann ist einhundert Euro schnell weg.

Journal: Die Rechnung und die Idee gehen auch dieses Jahr auf?

Schwerdfeger: Ich wiederhole, wir sind keine Profis, sondern eine Gruppe, die sich vielleicht als aufgeklärte Menschen bezeichnen würde. Wir machen ein Fest, das Spaß machen soll. Auch uns.

Journal: Wie haben Sie bisher die Künstler gewonnen?

Schwerdfeger: Es gibt einige Gruppen, die häufiger bei uns aufgetreten sind und das wirklich zu einem, ich sag mal, Solidaritätspreis. Ja, die einfach das Ganze unterstützen. Aber natürlich hatten wir auch Künstler, die von dem, was sie machen, leben müssen. Deswegen ist es immer ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Anderseits wollen wir auch immer interessante Gruppen auf der Bühne zeigen, die – wie einstmals eine Band aus Mauretanien – bei uns selten vorbeischauen. Wir hatten auch mal wunderschöne jüdische Musik, genauso wie Musik aus Syrien oder aus dem Irak oder Afghanistan. In diesem Jahr ist beispielsweise Ofer Golany zu Gast, der aus der israelischen Friedensbewegung kommt. Klar ist: Mit diesem Konzept wollen wir nicht polarisieren eher Gegenpunkte darstellen. Die israelische Friedensbewegung findet beispielsweise auch nicht alles gut, was in deren Land stattfindet.

Journal: Das Kulturfest spiegelt eine Wunschgesellschaft oder ein ideales Miteinander wider?

Schwerdfeger: Das klingt vielleicht ein bisschen naiv (lacht). Wir wollen friedlich zusammenleben und dies einfach an einem Tag zeigen.

Journal: Vielen Dank für das Interview.

Das Gespräch führte Gregor Starosczyk-Gerlach

Das Programm: veröffentlicht vom Arbeitskreis Asyl Nierstein.