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„Stadtgefühle“ zieht eine positive Bilanz Zukunftsfest setzte Akzente für eine klimaneutrale Stadt

Das Zukunftsfest „Stadtgefühle“ am Rheinufer hat im August durchaus Maßstäbe gesetzt – in Reichweite, Beteiligung und Programmbreite, teilten die Organisatoren mit. Foto: Stadtgefühle

MAINZ – Das Zukunftsfest „Stadtgefühle“ am Rheinufer gegenüber dem Kurfürstlichen Schloss hat im August durchaus Maßstäbe gesetzt – in Reichweite, Beteiligung und Programmbreite. „Wir können von einem Besucherrekord sprechen“, sagt Soeren Herrmann. Er ist im Orga-Team für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich.

Im Vergleich zum Vorjahr seien es mehr als doppelt so viele Gäste gewesen, nämlich 5.700. An den Infoständen sei zudem spürbar gewesen, „dass sie Leute erreicht haben, die sie sonst nicht erreicht haben“. Dazu zählt er auch die Menschen, „die noch nie gehört haben, dass es solche Gruppen in Mainz gibt, und sich jetzt ein ehrenamtliches Engagement vorstellen können“.

Die Organisation des Zukunftsfestes spiegelt ein Stück weit die Stadtgesellschaft: Aus den ehrenamtlichen Gruppen entstand vor einiger Zeit der Trägerverein „Mainz nachhaltig verbinden“; das Team, das hinter der „Stadtgefühle“-Marke steht, sei „wirklich bunt gemischt“, sagt Herrmann. Von Abiturienten bis zu Rentnern sind zumindest die meisten Altersgruppen vertreten.

Im Gespräch mit Journal LOKAL erzählt Herrmann, dass der Ansatz des Zukunftsfestes sich bewusst von klassischen städtischen Beteiligungsformaten unterscheidet. Natürlich sei jede Form der Beteiligung, die von der Stadt kommt, „super wichtig und gut“. Was „Stadtgefühle“ unterscheidet, sind die Absender. „Bei uns kommt es sozusagen aus der Stadtgesellschaft Richtung Stadt.“

Auf zwei Bühnen traten unter anderem Absinto Orkestra, Montytown und Trio Nardis auf. Foto: Stadtgefühle

Die Themen werden also nicht vorgegeben: „Wir fragen: Was könnte in der Stadt verändert werden? Dann kommen Leute mit konkreten Projekten oder Ideen.“ Wünsche und Forderungen sammelte das Team auch während der drei Tage, und das betont niedrigschwellig – beispielsweise auf dem Baum der Wünsche. „Die Ideen haben wir auch schon an die Stadt übergeben.“ Das Ziel bleibe, „Zukunftsangst zu nehmen und positive Zukunftsstadtgefühle zu vermitteln“.

Inhaltlich bot das Festival Klimaschutz zum Mitmachen: praktische Tipps zu Energiesparen, Upcycling, suffizientem Wohnen, Diskussionen zur sozial gerechten Klimapolitik, Vorträge und Podien unter anderem zu Fassadenbegrünung, Balkon-Solar, Mobilität, Ernährung und Demokratie – auch mit Umweltministerin Katrin Eder.

Auf zwei Bühnen traten unter anderem Absinto Orkestra, Montytown und Trio Nardis auf. Handlungsangebote reichten von Urban Gardening, DIY, Repair-Café, Siebdruck, Tauschbörsen, Naturwerkstatt bis zu Stadtspaziergängen; Bewegungsangebote und ein Kinderprogramm holten zusätzliche Zielgruppen ab.

Reichweite und Zugänglichkeit blieben im Vorfeld die Leitlinie. „Wir plakatierten die ganze Stadt und machten auch bezahlte Werbung“, sagt Herrmann. Es gab Flyer in Leichter Sprache sowie eine Website in Deutsch und Englisch. Nicht zuletzt fungierte das Festivalbüro als Anlaufstelle und senkte die Hürden.

So genannte Handlungsangebote reichten von Urban Gardening, über ein Repair-Café, Tauschbörsen, Naturwerkstatt bis zu Stadtspaziergängen und Bewegungsangeboten. Foto. Stadtgefühle.

Dessen Standort zahlte sich aus: „Am Rhein gibt es halt einfach viele Menschen, die dort spazieren gehen, und es gab auch andere, die einfach stehen geblieben sindund mit Fragen ins Gespräch gekommen sind.“ Als das Zukunftsfest im Vorjahr über mehrere Orte verteilt war, gelang die Ansprache lange nicht so gut. „Der Schritt ans Ufer war wirklich richtig, richtig gut.“

Auch die ökologische Bilanz soll laut den Veranstaltern als Teil des Konzepts gelungen sein. Es gab Mehrweg-Geschirr und Wasserspender vor Ort. Die Backstage-Versorgung lief über Foodsharing mit geretteten Lebensmitteln. Ergänzend boten lokale Anbieter Bio-, vegetarische, vegane und fair gehandelte Speisen an.

Herrmann verweist dabei neben dem CO₂-Fußabdruck auf den „Handabdruck“ – also die gesellschaftliche Wirkung. Der Unterschied zwischen den Begriffen lässt sich mit einem Merksatz erklären: Während der Fußabdruck Emissionen heute spart, vergrößert der Handabdruck die Möglichkeiten vieler anderer, morgen und übermorgen automatisch nachhaltiger zu handeln. Herrmann zeigt sich erfreut: „Wir haben sehr viele Leute erreicht.“

Wie geht es weiter? Finanziell bleibt das Fest, das vom Ehrenamt lebt, eine Herausforderung. „Ja, der Klassiker ist natürlich Geld. Es ist halt nun mal so.“ Für 2025 kamen Mittel unter anderem über den Demokratiefonds, aber auch aus den Stadtteilmitteln des Ortsbeirats Altstadt.

Das Format bleibt in der Innenstadt. Klar sei für das Team: Es wird ein nächstes „Stadtgefühle“ geben, der Termin steht aber noch nicht fest. Gewünscht wäre künftig eine inhaltliche Kooperation mit städtischen Fachämtern, „ohne dass Stadtgefühle ein Projekt der Stadt wird“.

Der Kontakt für potenzielle Ehrenamtliche läuft über Website-Formular und Instagram; vor dem jeweiligen Fest trifft sich das Plenum wöchentlich, sonst 14-tägig, unterstützt durch Arbeitsgruppen.

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Gregor Starosczyk-Gerlach: Redaktionsleiter für Journal LOKAL Rheinhessen. Erfahrener Journalist und Fotograf für Journal LOKAL seit 2013. Experte für Lokalmedien mit Schwerpunkt Rheinhessen und Mainz. Theologiestudium als Inspirationsquelle für faszinierende Alltagsgeschichten.