MAINZ – Seit elf Jahren ist Dr. Peter Frey Chefredakteur des ZDF. Unter seiner Führung hat der Sender den Schritt in die digitale Welt gemacht und das Durchschnittsalter der Zuschauer gesenkt. Darüber und mehr sprach Shams Ul-Haq mit Peter Frey. Shams Ul-Haq ist Fachgruppenleiter für Internationale Beziehungen bei DPV und bdfj sowie Chefredakteur Digital des journalistenblatt.
Wollen die Zuschauer in Deutschland weiterhin das Thema Pandemie sehen?
PETER FREY: Jedenfalls sprechen alle Einschaltzahlen dafür. Die heute-Nachrichtensendung um 19 Uhr liegt weiter deutlich über den Durchschnittswerten der Jahre vor der Pandemie. Das Gleiche gilt für das heute journal. Aber auch Sendungen wie maybrit illner, das Morgenmagazin oder das auslandsjournal sind weiter sehr erfolgreich. Die Pandemie spielt weiter eine beherrschende Rolle, aber man spürt auch, dass andere Themen wieder nach vorne kommen, vom beginnenden Wahlkampf bis zur Klimapolitik.
Die Zuschauer werden immer älter. Gibt es für junge Menschen immer noch zu wenig Sendungen beim ZDF? Und was kann der Sender in dieser Zeit gerade für sie tun?
PETER FREY: Wir sehen, dass der Marktanteil bei den unter 50-Jährigen über das gesamte ZDF Programm deutlich zugenommen hat. Aber der eigentliche Wandel besteht darin, dass wir diese Gruppe nicht nur über das klassische ZDF-Hauptprogramm erreichen, sondern eben auch über unsere Digitalkanäle und unsere Online-Plattformen. ZDFinfo markiert Bestmarken während dieser Pandemie. Unsere Mediathek sowie unsere Auftritte auf Youtube oder Instagram haben sich sehr stark erweitert. Nach dem Relaunch von ZDFheute mitten in der Pandemie Ende März 2020 haben sich unsere Nutzungszahlen vervielfacht.
In Deutschland fehlt weiterhin die Berichterstattung aus kleinen Dörfern. Was dort passiert, bekommt der Zuschauer gar nicht mit.
PETER FREY: Einspruch! Das ZDF ist als Länderanstalt eigentlich ganz gut aufgestellt. Wir haben in sechzehn Bundesländern Büros und sind dort nicht nur in den Landeshauptstädten, sondern die Kolleginnen und Kollegen sind im ganzen Berichtsgebiet unterwegs und auch darüber hinaus in der Fläche präsent: So war ein Team des ZDF Morgenmagazin in Husum. Aus der kleinen Küstenstadt in Nordfriesland kam ein guter Teil der Sendung, mindestens ein Drittel der ganzen Sendefläche, im Rahmen unseres Projektes „Morgenmagazin vor Ort“. Ich bin froh, dass das nun wieder anläuft.
Thema Frauenführung im ZDF. Hat sich das während Ihrer Zeit verbessert oder verschlechtert?
PETER FREY: Es hat sich verbessert, aber nicht genug. Wir haben heute immerhin zwei Hauptredaktionsleiterinnen im ZDF. Ich erinnere mich an Zeiten, als es gar keine gab. Wir haben viele Korrespondentinnen in unseren Auslandsstudios, sowohl in der leitenden Funktion als Studio-Chefinnen und auch als zweite oder dritte Kollegin vor Ort. Aber es ist noch nicht genug, es muss noch besser werden. Diversität bezieht sich nicht nur auf die Gleichstellung zwischen den Geschlechtern, sondern wir haben mindestens zwei weitere Aufgaben im ZDF und auch im Rest der Gesellschaft, nämlich Kollegen und Kolleginnen mit Migrationshintergrund hier in den Sender zu holen.
Werden beim ZDF Frauen von Männern unterdrückt? Haben Sie von solchen Erfahrungen bereits gehört?
PETER FREY: (tief eingeatmet) Ich glaube, für einen Mann ist diese Frage ganz schwer zu beantworten. Und welche Art von Unterdrückungsmechanismen es gibt oder was als Unterdrückung empfunden wird, müssen am Ende diejenigen beschreiben, die solche Erfahrungen machen oder glauben, gemacht zu haben. Ich kann nur sagen, dass ich mich in meiner Umgebung und in der Chefredaktion sehr darum bemühe, für die Gleichheit der Arbeitsverhältnisse und für einen anständigen Umgang miteinander zu sorgen.
Haben wir in Deutschland Meinungsfreiheit?
PETER FREY: Ich bin davon überzeugt.