INGELHEIM – Der Start in den Konzertabend hätte kaum unglücklicher sein können: Der Spanier Mikel Merino stürzte die Ingelheimer Fußballfans mit seinem Last-Minute-Treffer zum 2:1-Sieg von Spanien gegen Deutschland im EM-Viertelfinale in tiefe Trauer, was auf der Großleinwand an der Burgkirche live zu verfolgen war. Zeitgleich betraten die legendären US-Rocker The Hooters die Livebühne beim Ingelheim Open Air der IkUM, der Ingelheimer Kultur und Marketing GmbH. „Wir kennen das Gefühl“, sagte das Hooters-Urgestein, Sänger Eric Bazilian, tröstend zu den rund 1500 Fans, die sich mit bedröppelten Mienen langsam von der Großleinwand rüber zur Bühne begaben. „Wir sind von Philadelphia, wir leben damit.“ In der Tat waren etwa die Basketballer der Philadelphia 76ers seit mehr als 40 Jahren nicht mehr NBA-Meister – auch nicht mit ihren früheren Starspielern Charles Barkley oder Allen Iverson, den vielfachen All Stars und Dream Teamern.
Doch zurück zur Musik: Nachdem sich der erste Schock gelegt hatte, kamen die Fans spätestens beim vierten Stück, dem rockigen „Day by Day“ vom 85er-Album „Nervous Night“, langsam auf Betriebstemperatur. Sie tanzten, klatschten und sangen mit. Eric Bazilian war die Spielfreude und der immer noch vorhandene Spaß an Liveauftritten deutlich anzumerken, ebenso wie den beiden weiteren Gründungsmitgliedern, Keyboarder Rob Hyman und Schlagzeuger David Uosikkinen, sowie den weiteren Bandmitgliedern John Lilley (Gitarre), Fran Smith Jr. (Bass) und Tommy Williams (Gitarre). Der 70-jährige Bazilian und der 74-jährige Hyman haben nichts von ihrer Stimmkraft eingebüßt. Natürlich durften sämtliche Hits aus den 80ern wie etwa die Hymne „All you Zombies“, das Blueslied „500 Miles“, das rockige „Satellite“, der Folksong „Karla with a K“ und die Ballade „Johnny B“ an diesem Ingelheimer Konzertabend nicht fehlen. Darüber hinaus gab es auch einige Coverversionen zu hören: etwa das mit viel Hall versehene „Lucy in the Sky with Diamonds“ von den Beatles, eine Unplugged-Version von Don Henleys „The Boys of Summer“ und „One of us“ von Joan Osborne, das Eric Bazilian 1995 geschrieben hatte.
Auffallend ist bei Hooters-Konzerten immer wieder die enorme musikalische Vielseitigkeit der Musiker. So griff Eric Bazilian bei „Johnny B“ zur Blockflöte sowie Rob Hyman bei „And we danced“ zur Melodica und bei „Boys will be Boys“ zum Akkordeon. Als besonderen Service sang Bazilian einige Passagen auch in Deutsch, etwa „Ist die Nacht auch lang“ in „Private Emotion“. Herausragend im Zugabe-Teil waren eine rockige Version von „Time after Time“ von Cyndi Lauper sowie die NDW-Nummer „Major Tom“ von Peter Schilling, die dann wieder den Bogen zur Fußball-EM spannte. Zum gelungenen Abend hat auch die Vorband mit ihrem 30-minütigen Auftritt, die Mainzer Band Kah, mit Folkrock-Liedern wie „Trick me“ beigetragen. „Es ist schön, dass ihr vor der Bühne steht und nicht vor der Leinwand“, bedankte sich Sängerin Hanne Kah bei den Fans.
Oliver Gehrig