
OPPENHEIM – Die Sonne, die den Rhein an dem Vormittag in eine glitzernde Serpentine verwandelte, die Ausblicke von oberhalb der St. Katharinenkirche – das werden wohl die schönen Erinnerungen sein, die die Bewohner des Altenzentrums Oppenheim von ihrer jüngsten Oldtimerfahrt mit auf ihre Zimmer nehmen.
„Es ging diesmal nicht um eine Oldtimer-Ausstellung, sondern um ein Erlebnis“, betonte Uli Quenzer, Mitglied der Oldtimerfreunde Oppenheim (OFOS) und Initiator einer Aktion, die nicht zuletzt auch eine ausgesprochen therapeutische Wirkung entfalten könnte.
Für Helmut Berneburg, seit 20 Jahren Koordinator im Verein, war Quenzers Vorschlag, den Seniorinnen und Senioren eine Ausfahrt anzubieten, eine prima Idee. Mit viel Elan hatte er sie mit den Oldtimerfreunden aufgenommen und nun umgesetzt. Zwei Wochen lang bereiteten die Heimleitung und das Team die Ausfahrt mit vor, suchten nach Bewohnern, die beispielsweise körperlich in der Lage waren, einzusteigen.
„Nicht jeder konnte mitfahren, aber alle waren eingeladen, die Autos anzusehen und zu erleben“, sagte Einrichtungsleiterin Inge Raaz. Obzwar sie die Idee mit den Autos zunächst als Männerdomäne eingeordnet hatte, hörte sie nun doch von den Damen: „Ach, eine Ente. Das war unser erstes Familienauto.“ Die alten Erinnerungen wachzurufen, fiel in diesem Fall also gar nicht schwer. „Wir haben Besuche von Therapiehunden, und jetzt sind es die Oldtimer.“
Am Sonntagmorgen rollten schließlich rund ein Dutzend Fahrzeuge mit einem H auf dem Kennzeichen für „historisch“ vor das Altenzentrum: vom VW Käfer über die legendäre „Ente“ bis hin zu einem seltenen Vorkriegsmodell. „Dieser Wagen von 1936 mit gerade mal 38 PS ist heute eine echte Rarität, weltweit gibt es weniger als 30 Stück“, berichtete Quenzer über seinen Mercedes, der noch wie eine Kutsche einen Holzrahmen hat.
Er restaurierte den Roadster SL mit Tretanlasser, was „Superleicht“ bedeutet, über Jahre hinweg und baute das Auto „von Zero to Hero“ aus einem verrosteten Wrack neu auf. Andere Fahrzeuge – vom erwähnten Käfer über unterschiedliche Cabriolet-Variationen – erinnerten an die Massenmotorisierung der 50er Jahre, glänzten mit über 100 PS und viel Chrom.
Auch Stephan Arnold steuerte ein besonderes Auto bei: einen italienischen Kleinwagen im „Policia“-Design, komplett mit Blaulicht. „Ich bin Halbitaliener, deshalb schlägt mein Herz für solche Marken“, erklärte er. Vor zwei Jahren habe er das Fahrzeug zufällig entdeckt, kurz darauf gekauft. „Ich habe schon mein ganzes Leben mit Autos zu tun gehabt – da war das Liebe auf den ersten Blick.“
Die Bewohner reagierten mit Begeisterung. Manche erinnerten sich an das erste Familienauto, ein Hit war eine grüne Ente. Urte Jäger war sichtlich bewegt. „Ich hatte selbst eine quietschegelbe Ente, und als ich hier in der Ente Platz genommen habe, war sofort alles wieder da – der Sitz wackelte genau wie früher.“ Zunächst habe sie gezögert, aus Angst, dass die Erinnerungen sie zu wehmütig machen würden.
Doch die Lust war stärker. „Es ist, als ob man 50 Jahre zurückversetzt werden würde.“ Mit einem Lächeln fügte sie hinzu: „Damals im Krankenhaus, wo ich gearbeitet habe, erkannten mich die Kollegen schon von weitem an meinem Postauto – so nannten sie die Ente.“
Die Route führte über Nackenheim mit Blick auf den Rhein, über Lörzweiler, weiter nach Schwabsburg und zurück nach Oppenheim. Eine Runde dauerte rund 45 Minuten, zwei Durchgänge waren geplant. Die Aussicht auf die Katharinenkirche und das Panorama bei wolkenlosem Himmel kündigte eine einmalige Erfahrung an.
Am Ende stand die Erkenntnis: Die Oldtimer können weit mehr als glänzen. Sie sind auch Türöffner zur Erinnerung, zur Freude am Leben und zum Erzählen. „Es war das erste Mal, dass wir so etwas hier gemacht haben“, sagte Quenzer. Für die Oldtimerfreunde war dies eine Premiere, ergänzte Berneburg. Es könnte aber gut sein, dass der Erfolg nach einer Wiederholung verlangt.