Start Kirche Zeitzeugnis von erschreckender Aktualität Musikalisches Schauspiel über Bonhoeffer in der Friedenskirche

Zeitzeugnis von erschreckender Aktualität Musikalisches Schauspiel über Bonhoeffer in der Friedenskirche

Deborah Buehlmann und Samuel Jersak veranschaulichen die tragische Liebesgeschichte von Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Foto: „duett zu dritt”

MOMBACH – Das Theaterstück beginnt heiter: Die junge Liebe strotzt vor Glück und leuchtenden Zukunftsplänen. Bis eine bedrückende, bedrohliche und herzzerreißende Atmosphäre kreiert wird. In der evangelischen Friedenskirche in Mombach wurde mit dem musikalischen Schauspiel „Bonhoeffer – Tragik einer Liebe” eine hochemotionale Abendveranstaltung ausgetragen.

Unverkennbar wies das Theaterstück des Ensembles „duett zu dritt”, das Schauspiel, Musik und Sprache vereinte, einen beunruhigenden Bezug zur Gegenwart auf. Die beinah erschreckende Aktualität verstärkte der Einbezug zahlreicher Quellen, darunter Brautbriefe Bonhoeffers und Wedemeyers.

Pfarrerin der Friedenskirche Ilka Friedrich knüpfte während des emotionalen Abends einen Bezug zum Zitat: „Nie wieder ist jetzt“. Gerade in diesen Zeiten setze sich das musikalische Schauspiel mit Frieden, Krieg, Gerechtigkeit, Widerstand und Ergebung auseinander, sagte sie. „Daher haben wir uns bewusst dazu entschieden, allen Menschen die Teilnahme bei freiem Eintritt zu ermöglichen.”

Die studierte Juristin Deborah Buehlmann nahm im Stück eine Doppelfunktion als Autorin und Schauspielerin ein und war somit tragender Teil von „duett zu dritt”. Ihr Ehemann und Bühnenpartner Samuel Jersak bildete den musikalischen Part des professionellen Duetts. Die dritte „Rolle” verkörperte das Klavier. Jersak ist abseits des Stücks als Organist und Kirchenmusiker tätig, lehrt an der Hochschule der Künste Bern und leitet Tonstudios in Berlin und Bern. Als Pianist und Musikproduzent spiele er zudem insbesondere „gegen das Vergessen”.

Das in Berlin und Bern erarbeitete Stück erzählte die tragische Liebesgeschichte des lutherischen Theologen Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Bonhoeffer, der sich bereits 1933 gegen die Judenverfolgung einsetzte und sich 1938 dem Widerstand gegen Hitler anschloss, wurde im April 1945 auf direkte Anweisung des Tyrannen im Konzentrationslager Flossenbürg exekutiert.

„In Europa ist wieder Krieg, und ob wir es wollen oder nicht, wir sind Teil davon”, erzählte die Schauspielerin und Autorin Deborah Buehlmann. Sie habe sich bereits in der Vergangenheit solistisch mit den Brautbriefen zwischen Wedemeyer und Bonhoeffer auseinandergesetzt. Auch Samuel Jersak verbindet viel mit Bonhoeffer. Ihm sei es wichtig, eine andere, emotionale Perspektive im Stück zu vermitteln. „Unser Bühnenprojekt setzt sich sehr bewusst mit Krieg, Frieden, Gerechtigkeit, Diskriminierung, Toleranz, Widerstand und Ergebung auseinander, wobei uns der emotionale Aspekt wichtig ist, denn dieser kommt zuweilen etwas kurz”, betonte er.

Trotz eines Altersunterschiedes von 18 Jahren führen Bonhoeffer und Wedemeyer eine Beziehung auf Augenhöhe. Ihre Liebe trotzt den kriegsbedingten Schicksalsschlägen vorerst. Doch bald wandelt sich das Stück in eine düstere, bedrückende Atmosphäre. Die Frage nach dem „Warum” wirkt durch die Schriftquellen, die im Stück verwendet werden und es zum Zeitzeugnis werden lassen, omnipräsent zu sein. Der Rezipient kann das „brennende Verlangen” der Akteure nahezu am eigenen Leib spüren. Die Zeit als Gefangener im Konzentrationslager zermürbt Bonhoeffer zunehmend.

Seine Hoffnung an eine glückliche Zukunft, vereint mit seiner Liebsten, verblassen. „An die physischen Belastungen gewöhnt man sich, an die psychischen Belastungen gewöhnt man sich nicht”, bekundet Jersak in seiner Rolle als Bonhoeffer. „Die Unruhe in mir ist lauter als der Krieg vor meiner Tür”, singt Buehlmann in ihrer Rolle als verzweifelte Wedemeyer.  Die „der Finsternis undurchdringliche Masse” geht unter die Haut. Die Zuschauer erfahren, wie sich die beiden Liebenden durch die grauenhaften Zustände zunehmend entfremden. Das berührende Bühnenstück verdeutlicht, wie nah Freud und Leid beieinander liegen.

Das Schauspiel feierte am 9. Juni 2023 am Deutschen Evangelischen Kirchentag Nürnberg Premiere. Bis 2025 sind 100 Aufführungen geplant. Es sei in erster Linie für den kirchlichen Rahmen ausgelegt, eigne sich jedoch auch für Schulen, Theater sowie andere Örtlichkeiten, welche das Erbe Dietrich Bonhoeffers für die nachfolgenden Generationen lebendig halten möchten, erläuterten die Darsteller.

Das nächste Bühnenstück der Beiden werde ebenfalls Bezug zum zweiten Weltkrieg und zur Nachkriegszeit nehmen und in diesem Kontext biografische Aspekte Buehlmanns Großeltern beinhalten, verriet das „duett zu dritt” auf Nachfrage von Journal LOKAL.

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Als zugezogene Mainzerin schreibe ich seit Juni 2021 für Journal LOKAL - die lokale Zeitung und berichte größtenteils aus den Stadtteilen Gonsenheim und Finthen. Darüber hinaus mache ich auch gerne journalistische Abstecher in andere Mainzer Stadtteile, wie z.B. nach Drais, Mombach, Marienborn, Lerchenberg und in die Neustadt. Meine Themengebiete sind sehr vielfältig; ich berichte jedoch besonders gerne über naturverbundene Themen sowie über Kunst und Kultur. Neben meinem Studium der sozialen Arbeit verbringe ich meine Freizeit am liebsten in den Mainzer Naherholungsgebieten.