
KLEIN-WINTERNHEIM – Die Ausstellung des Geschichtsvereins zum 125-jährigen Bestehen der katholischen Kirche in Klein-Winternheim ist als feierliche Rückschau angelegt. Der Gang durch den Raum in der ehemaligen Bürgermeisterei des Dorfes erzählt dabei eine Geschichte, die von Brüchen, Verlusten und Wiederentdeckungen zeugt. Zum Weihnachtsmarkt am zweiten Sonntag im Advent zum ersten Mal präsentiert, bleibt sie bis zum 30. November 2026 bestehen, allerdings nicht dauerhaft zugänglich.
Im Jubiläumsjahr 2026 wollte der Vorbereitungsteam gezielte Anlässe schaffen, sagen Claudia Schmitt vom Geschichtsverein und Ute Kipping-Karbach. Im Jubiläumsjahr wird das an Fronleichnam im Sommer und zur Kirchweih im Oktober der Fall sein. Ein Ausstellungsbesuch sei aber laut Schmitt nicht ausschließlich an feste Termine gebunden, sondern auch nach Absprache möglich sein. Denn Führungen und persönliche Vermittlung gehören ausdrücklich zum Konzept.
2026 sollen Kirche und Ort stärker miteinander verbunden werden, und eine Rückschau mit Höhepunkten bieten, wie etwa an Fronleichnam. Kipping-Karbach spricht davon, den Feiertag bewusst zu nutzen: „Dass wir beispielsweise die Monstranz im Museum zeigen.“ All dies sei aber noch nicht festgezurrt. Auch eine stärkere äußere Gestaltung des katholischen Festtages werde erwogen. „So dass wir das Museumgebäude mit Fähnchen schmücken oder bestimmte Plätze mit Blumenteppichen schmücken, wie das früher so der Fall war.“
Nun zur Ausstellung: Inhaltlich schlägt sie den Bogen über 125 Jahre Kirchengeschichte anhand von Gegenständen, die geblieben sind, und solchen, die beinahe verloren gegangen wären. Ein zentrales Thema ist dabei der ständige Wandel der Gemeinde. Der hatte auch mit den 22 Pfarrern zu tun, zeigt Kipping-Karbach anhand von Fotoabbildungen. „Jeder Pfarrer hat irgendwas verändert.“ Über manche Anweisungen würde man heute den Kopf schütteln. „Mancher hat die Kirche auf den Kopf gestellt. Alles Alte rausgeworfen.“ Die Gemeinde habe diese Veränderungen wohl oder übel mitgetragen.
So verschwanden manche Ausstattungsstücke im Laufe der Jahrzehnte. Seitenaltäre wurden entfernt, Fresken überstrichen, liturgische Elemente abgeräumt. Übrig geblieben seien nur wenige Reste. Bis heute reagiere mancher Besucher irritiert. „Es gibt Leute, die kommen an und sagen: Ist das eine evangelische Kirche?“
Gleichzeitig erzählt die Ausstellung von Wiederentdeckungen. Im Mittelpunkt steht ein historischer Mantel, der lange Zeit ganz selbstverständlich genutzt wurde – etwa als Nikolaus- oder Martinsmantel. „Und irgendwann hat man festgestellt, das kann doch wohl nicht sein. Dieser Mantel, der ist ja so gut.“ Erst ein Hinweis in einem Kunstschatzverzeichnis des ehemaligen Dekanats lenkte den Blick auf seinen Wert. Der Mantel wurde daraufhin aufwendig restauriert, mit erneuerter Silberborte, „für viel Geld“, wie Kipping-Karbach betont. Heute gilt er als wertvollstes Stück der Sammlung und wird eigens für die Ausstellung gezeigt, bevor er wieder sicher verwahrt wird.
Auch die Geschichte einer Marienfigur nimmt breiten Raum ein. Die Figur wurde 1831 von einem Tagelöhner gestiftet und hing lange in der Kirche. Mit liturgischen Veränderungen änderte sich der Blick auf sie. „Dann hieß es: Was soll man da mit der Maria? Das Ding sieht ja alt aus.“ Die Figur wurde grau überstrichen und später auf dem Kirchenspeicher abgestellt. Erst Jahrzehnte später wurde sie zufällig wiederentdeckt. Eine Restauratorin legte in einer Befundanalyse die ursprüngliche Fassung frei – Weinreben, Farben und Bordüren. Denkmalpflege und Spenden aus der Gemeinde ermöglichten die Restaurierung. Heute gilt sie als eines der „guten Stücke“ der Kirche.
Das Jubiläumsjahr beschränkt sich jedoch nicht auf die Ausstellung. Geplant sind Veranstaltungen, die Vereine und Kirche in den gesellschaftlichen Dialog holen.
Damit und mit der Ausstellung zum Kirchenjubiläum bietet die Gemeinde eine ehrliche Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. Das Jubiläumsjahr und die Museumsschau geben noch keine Antwort auf die Frage, wie die Zukunft einer Kirchengemeinde sein wird, die sich aktuell erneut im Wandel befindet. Aber sie bieten eine gute Grundlage für mögliche Haltungen.
Den feierlichen Höhepunkt findet das Jubiläumsjahr schließlich im Herbst: mit einem Pontifikalamt mit dem Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am 30. November 2026 um 18.30 Uhr in St. Andreas. Im Anschluss lädt die Gemeinde zu einem Empfang in den großen Rathaussaal ein.
Gregor Starosczyk-Gerlach























