INGELHEIM – Zum ersten Mal zur Wahlurne gehen: Rund 530 Schülerinnen und Schüler des Sebastian-Münster-Gymnasiums in Ingelheim werden es am 9. Juli tun können. Am besagten Tag steht die Europawahl an und sie werden das 16 Lebensjahr vollendet haben, womit sie das EU-Parlament mitbestimmen können.
Seit Wochen bereiten sie sich im Rahmen des Schulunterrichts mit Unterstützung der Fachschaft Sozialkunde auf die Votum-Abgabe vor, teilte die Schule vor Kurzem mit. „Das Thema Europäische Union wird je nach Unterrichtskontext behandelt, um ihnen ein umfassendes Verständnis der EU und ihrer Bedeutung zu vermitteln“, erläuterte Sybilla Hoffman für die SMG-Schulleitung mit. Die Vorbereitung betrifft freilich auch die noch nicht Wahlberechtigten aus den Klassen 10 und 11.
Eine besondere Vorbereitung erhielt die Jahrgangstufe zwölf von der Fridtjof-Nansen-Akademie für politische Bildung und dem „Europe direct“-Zentrum in Ingelheim: Die Erstwähler und -wählerinnen wurden zu einem Bildungs- und Diskussionsforum eingeladen. 165 junge Menschen bevölkerten die Flure und Säle im städtischen Weiterbildungszentrum. Das Erstwähler-Forum stand unter dem Motto „Europa wählt“ und stellte zwei 90-minütige Gesprächsrunden in den Fokus. Dabei prüften die Jugend insgesamt sechs Kandidaten, die zur Europawahl antreten, politisch auf Herz und Nieren. Dass sie bestens vorbereitet waren, zeigten die Teilnehmer unter anderem in der Begegnung mit Christian Kopp von der FDP. Der EU-Bewerber aus Kaiserslautern erläuterte unter anderem die Bedeutung des Wirtschaftswachstums und erklärte die liberalen Gründe für staatliche Eingriffe in die Marktwirtschaft: „Politik muss Regeln formulieren und jene stärken, die wenige oder keine Rechte haben“. Auch Marktmonopolisierung sei zu vermeiden, zudem solle sich „Europa nur darum kümmern, was Europa betrifft“. Die aktuellen Neuregelungen zum Führerschein werden „völlig überflüssig“ geplant, so Kopp. In der Frage-Antwort-Runde mit Joachim Streit (FWG) thematisierten die Teilnehmer stärker die wirtschaftspolitischen Aspekte. Der ehemalige Landrat von Bitburg-Prüm erläuterte unter anderen die Gründe für die Steuerbefreiung beim Mindestlohn sowie referierte über die Ungleichheiten zwischen der Real- und der Finanzwirtschaft. Dass er eine Transaktionssteuer als sinnvoll erachte, suchte er mit einer markant eingefügten Zahl zu belegen, wonach sich die Finanzwirtschaft im Bereich „um den Faktor 100 höher“ als die Realwirtschaft bewege: Für die Neuwähler aus Ingelheim klang das vermutlich wie eine politische Aussage, die sie wohl zum ersten, aber nicht zum letzten Mal in ihren Leben überprüfen werden.
Gregor Starosczyk-Gerlach