KREIS GROSS-GERAU – Sieben Monate Afrikanische Schweinepest (ASP) im Kreis Groß-Gerau: Das war für die Kreisverwaltung der äußere Anlass, um die Öffentlichkeit mit einer geballten Ladung Informationen zum Stand der Dinge in Sachen ASP zu versorgen. Bei dem dazu anberaumten Pressegespräch zogen auf Kreisseite der Erste Kreisbeigeordnete Adil Oyan, Dr. Katrin Stein vom Veterinäramt, Rechtsamtsleiter Sven Dude und der Leiter der Gefahrenabwehr Friedrich Schmidt Zwischenbilanz. Dazu informierten Klaus Velbecker von HessenForst, Markus Stifter vom Hessischen Jagdverband und Wolfgang Dörr vom Regionalbauernverband Starkenburg.
Zur Bilanz seit Ausbruch der Tierseuche ASP, die allein Schweine krank macht, zählt, dass im Kreis Groß-Gerau seit vergangenem Juni 289 Wildschweinkadaver (Stichtag 17. Januar 2025) als ASP-positiv registriert wurden. 3581 Hausschweine und 43 Wildschweine im Gehege mussten im Juli und am 1. August in insgesamt acht Betrieben getötet werden, weil die Bestände von der Afrikanischen Schweinepest befallen waren.
Aktuell werden im Kreis 22 Schweine als Hobby gehalten sowie 674 als Nutztiere, 29 Wildschweine leben in Gehegen.
Noch immer ist unklar, warum im vergangenen Sommer so schnell hintereinander mehrere Schweine haltende Betriebe von ASP betroffen waren, obwohl sie die Biosicherheitsmaßnahmen einhielten. Das Friedrich-Loeffler-Institut ist noch mit dem Analysieren der Proben beschäftigt, sagte Adil Oyan. Dabei geht es auch um die Frage, ob Stechmücken Überträger des Virus` sein können.
Lob fürs Krisenmanagement gab es von allen und für alle Seiten. „Die Verwaltung hat sehr gut und schnell reagiert, als der erste Fall von ASP bei uns bekannt wurde“, so der Erste Kreisbeigeordnete. Die Zusammenarbeit mit dem Land war und ist harmonisch. Die Kommunikation mit Landwirtschaft, Jägerschaft und Forst wurde rasch auf stabile Füße gestellt, indem man sich regelmäßig im Verwaltungsstab bespricht. Klaus Velbecker sprach von „hervorragender Zusammenarbeit und Abstimmung untereinander“ – sowohl was den vom Land koordinierten Zaunbau als auch die Kadaversuche und -bergung angeht.
„Wir wussten schon lange, dass das Rhein-Main-Gebiet Hochrisikogebiet für ASP ist“, sagte Markus Stifter. Darum habe die Jägerschaft auch nicht in Schockstarre dagestanden, als die Seuche ausbrach. Das Verständnis für die nötigen Maßnahmen zur Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest sei größtenteils vorhanden gewesen. Auch die Hilfsbereitschaft: Drohnen, die eigentlich für die Kitzsuche angeschafft wurden, kamen nun zum Einsatz, um erntereife Felder wildschweinfrei melden zu können.
„Wir brauchen einen langen Atem“, sagte der Sprecher des Hessischen Jagdverbandes. Das Jagdverbot im ASP-Kerngebiet könne erst gelockert werden, wenn alle geplanten Festzäune stehen, so dass bei der Jagd versprengte Tiere das hochansteckende und sehr stabile Virus nicht weitertragen können. Bei diesem Ziel könne auch die Bevölkerung helfen. Stifter appellierte an alle, sich an die Regeln zu halten: z.B. Hunde im Wald anleinen und Müll nicht einfach in die Landschaft werfen, sondern in geschlossenen Behältern entsorgen.
Wolfgang Dörr beschrieb noch einmal die starke – psychische und finanzielle – Belastung der von ASP betroffenen Landwirte, sowohl vor allem der Schweinehalter als aber auch der Ackerbauer. Er dankte allen, die helfen, ASP „im Griff zu behalten“. Anfangs habe es keine Routineabläufe gegeben, das sei jedoch sehr schnell verbessert worden. Wie die Jäger müssten auch die Landwirte nun noch lange mit den Folgen von ASP leben. „Wenn wir weiterhin regionale Landwirtschaft wollen, dann muss die Politik helfen“, betonte er.
„Nach sieben Monaten rennen wir der Seuche nicht mehr hinterher, sondern können proaktiv arbeiten“, betonte Dr. Katrin Stein. Auch wenn das Thema in der Öffentlichkeit nicht mehr so präsent ist, so gibt es im Hintergrund viel zu tun: Der Kreis übernimmt zum 1. März großteils die Verantwortung für den Zaunbau, auch wird er dann selbst für die Organisation der Kadaversuche und die Ausbildung der Kadaversuchhunde zuständig sein. Das Verfahren für die Drohnensuche solle vereinfacht werden. Die Wildschadenentschädigung ist weit gediehen. Außerdem läuft gerade die Antragstellung für die EU-Kofinanzierung der ASP-Kosten.
Bei der voraussichtlich noch Jahre dauernden Bewältigung der Seuche und ihrer Folgen hat dem Kreis Groß-Gerau die gute Vorbereitung geholfen, betonten Dr. Stein und Friedrich Schmidt. „Wir hatten mit dem Veterinäramt bereits den Einsatzplan Tierseuchen aufgestellt – und auch mehrere Übungen gemacht.“ Das half sehr, als die ASP dann tatsächlich im Kreis ankam. Schmidt lobte auch die Zusammenarbeit mit dem Land, das bei der Materialbeschaffung zur Stelle war.
Die Gefahrenabwehr stellte – unterstützt von ehrenamtlichen Helfer*innen – den ersten Kadaver-Sammelplatz mit Dekon-Schleuse bereit, baute jeweils die Schleusen zur Dekontamination bei den Keulungen auf. Nun ist sie dabei, eine witterungsunabhängige zentrale Stelle im Kreis einzurichten, die Lagerflächen, Büro, Hundeduschplatz und Dekon-Schleuse für Autos bietet.
Die rechtliche Basis für viele Maßnahmen schaffen die Allgemeinverfügungen (AV), die der Kreis erlässt. Auch hier half das Land mit Muster-AV, die in Absprache auf den Kreis angepasst wurden. „Wir wissen, dass alles immer mit Reglementierungen und Einschränkungen verbunden ist“, sagte Sven Dude. Darum werde viel mit Ausnahmeregelungen gearbeitet – sei es bei der Jagd, in der Landwirtschaft oder bei Vorschriften fürs Freizeitverhalten. Waren die Regeln anfangs sehr pauschal, so werde mittlerweile stark differenziert, um das Leben nicht unnötig zu erschweren: „Wir machen den Spagat zwischen dem Ziel, Eindämmung der Schweinepest‘ und dem Wunsch, möglichst geringe Einschränkungen vorzuschreiben.“
Der Kreisausschuss des Kreises Groß-Gerau