
OBER-OLM – Seit mehr als zehn Jahren gibt die ehemalige Olympia-Stabhochspringerin Carolin Hingst Lauftraining im Ober-Olmer Wald. Nun soll sie dafür eine Nutzungsgebühr zahlen. Doch bei den Verhandlungen mit dem Landesforstamt ist immer noch keine Einigung in Sicht.
Im vergangenen Mai erhält Carolin Hingst Post von der unschönen Sorte: Ihr Gestattungsvertrag, der ihr die gewerbliche Nutzung des Ober-Olmer Waldes erlaubt, wird vom Landesforstamt Rheinhessen zum Dezember des Jahres gekündigt – ohne Ankündigung, ohne Gesprächsversuche. Als Gesundheitscoach bietet sie seit 2013 Trainingskurse fürs Laufen und Nordic Walking im Wald an. Die stehen plötzlich auf der Kippe. Auf telefonische Nachfrage erfährt sie, dass sie ihre Lauftrainings weiter fortführen könne – allerdings nur gegen eine Gebühr von zehn Prozent ihrer Bruttoeinnahmen.
Damit ist der Grundstein für einen Streit gelegt, der mittlerweile seit neun Monaten andauert. Doch wieso hat sich das Landesforstamt für die Kündigung des Vertrags entschieden? Leonie Münzer vom Forstamt bestätigt die Einführung der Gebühr: „Seit letztem Jahr wird nicht nur ein Gestattungsentgelt in die Neuverträge übernommen, sondern auch die Altverträge, wie der von Frau Hingst werden an diese neue Regelung angepasst.“ Der Prozentsatz wurde einheitlich festgelegt, um alle gleich zu belasten und so Fairness und Transparenz zu gewährleisten. Einzige Ausnahme seien Bildungsveranstaltungen im Umweltbereich.
Hingst hat dafür kein Verständnis: „Zehn Prozent der Bruttokurseinnahmen, das ist eine vollkommen utopische und überzogene Forderung. Und da spreche ich nicht nur für mich, sondern auch für die vielen Freiberufler und Kleinunternehmer.“ Laut ihr sei ein Minusgeschäft bei dieser Beitragshöhe unvermeidlich. Und die Kosten auf die Teilnehmer abzuwälzen, das käme für sie ebenfalls nicht in Frage. Mittlerweile ist das Landesforstamt von einem einheitlichen Prozentsatz abgerückt, das Entgelt soll im Einzelfall festgelegt werden.
Hingst hat deswegen eine Pauschale vorgeschlagen, doch das Landesforstamt lehnte ab. Stattdessen wurde die Profisportlerin dazu aufgefordert, ihre Einnahmen offenzulegen. So wolle man eine angemessene Beitragshöhe ermitteln, erklärt Münzer. Doch das sieht Hingst nicht ein. Es könne nicht sein, dass das Forstamt hier die gleichen Befugnisse habe wie das Finanzamt. Schließlich bot das Forstamt an, einen Pauschalbeitrag festzulegen, wenn sie eine Schätzung ihrer erwarteten Einnahmen abgeben würde. Nach ausbleibender Reaktion schlug man dann eine „moderate Jahresgebühr“ vor, so Münzer. „Allerdings gab es auch darauf bisher keine Antwort.“
Doch wieso nimmt Hingst nicht an? Wegen der fehlenden Gebührenverordnung könne das Forstamt die Nutzungebühr „willkürlich festlegen“. Mit Transparenz und Fairness habe das für sie nichts zu tun. Generell kann Hingst die Idee einer Waldnutzungsgebühr nicht nachvollziehen. Das Training mache „keinen Lärm, keinen Schmutz“, es werde kein Müll hinterlassen und nur auf ausgezeichneten Wegen gelaufen. Außerdem sei die Waldnutzung bereits durch die Steuergelder finanziert, von ihr genauso, wie von ihren Teilnehmenden.
Ein Ende des Streits ist zwar derzeit nicht abzusehen. Beim Forstamt zeigt man sich aber offen für eine Lösung. Frau Hingst leiste seit Jahren einen „wunderbaren Beitrag“ zu den Sportprogrammen im Wald. Man stehe für Gespräche bereit, um eine tragbare Lösung für beide Seiten zu entwickeln.
Felix Werner