
DEXHEIM – Mit der feierlichen Inbetriebnahme einer der größten Aufdach-Photovoltaikanlagen in Rheinland-Pfalz hat die Wein- und Sektkellerei Jakob Gerhardt aus Dexheim ein energetisches Ausrufezeichen gesetzt – und sich selbst zugleich ein zukunftsweisendes Geschenk gemacht. Auf dem Gelände des Betriebs wurde ein hochmodernes Energiekonzept vorgestellt, das nicht nur ökologisch Maßstäbe setzt, sondern auch ökonomisch durchdacht ist – ein Leuchtturmprojekt für die Region.
„Eigentlich ist es ein Projekt, das über 25 Jahre gereift ist“, erinnerte sich Geschäftsführer der Wein- und Sektkellerei Pierre Boos an die ersten Gespräche. Was lange Vision war, wurde nun Realität: knapp 4.800 Glas-Glas-Module auf einer Fläche von 13.000 Quadratmetern liefern Sonnenstrom. Sie sind das sichtbare Zeichen eines umfangreichen Wandels, der tief in die Energieinfrastruktur des Unternehmens reicht.
„Das ist kein Solardach von der Stange – das ist ein Kraftwerk“, betonte Projektleiter Jens Sonneck. Als Prokurist der Jakob-Gerhardt-Gruppe leitete er das Vorhaben, das mit einer 30-jährigen Garantie in die Zukunft strahlt. Hinter der sichtbaren Technik steckt ein komplexes System: Batteriespeicher mit 1.050 Kilowattstunden Kapazität, neue Mittel- und Niederspannungsverteiler, moderne Steuerungstechnik – vieles davon basierend auf künstlicher Intelligenz.

Das Ziel: fast vollständige Autarkie vom öffentlichen Netz und gleichzeitig Handel mit überschüssigem Strom am Spotmarkt. „Die Sonne scheint nicht nachts – aber unser Speicher ermöglicht es, Strom zu verkaufen, wenn die Preise hoch sind“, erklärte Alexander Hackl (Projektleiter SolProduct). Hackl sprach von einer „Operation am offenen Herzen“, denn der Umbau der veralteten Energieinfrastruktur erfolgte bei laufendem Betrieb – mit nur zwei Stunden Netzunterbrechung. Die Herausforderung sei nicht nur technischer, sondern auch logistischer Natur gewesen: „Lieferzeiten von über einem Jahr für zentrale Komponenten, da musste unser Einkauf zaubern.“
Dass das Projekt nicht nur eine unternehmerische Weichenstellung ist, sondern Strahlkraft für die Region entfalten soll, betonten auch die geladenen Gäste. Martin Groth (FWG), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Rhein-Selz, würdigte die Initiative als beispielhaft: „Wenn dieses Projekt Nachahmer findet, dann wird aus einer Idee ein System. Und das brauchen wir, um die Klimakrise zu meistern.“
Christoph Zeiss von der Energiedienstleistungsgesellschaft Rheinhessen-Nahe prophezeite, dass die Photovoltaik im künftigen Energiemix die Hauptrolle spielen werde. „Die Sonne wird das Rückgrat der Energiewende“, sagte er. Wichtig sei deshalb, wie im Projekt geschehen, Speicherlösungen gleich mitzudenken. „Das größte Problem ist nicht die Erzeugung, sondern die Speicherung und Netzintegration.“
Michael Stock, Unternehmer und Mitinitiator des Projekts von der Initiative Energieeffizienz und Klimaschutz-Netzwerke (IEEKN), das das Projekt als Innovationsplattform unterstützt hatte, lobte das Vertrauen, das vonseiten des Weinguts entgegengebracht worden sei. DieAnlage entstand als Teil einer umfassenden Transformation im Betrieb, die im Rahmen der IEEKN-Studie zum Wandel vom „Weinhandel zum Energiehandel“ entwickelt wurde.
„Diese Investition wird sich lohnen – für alle“, so Stock. Denn das Projekt ist nicht nur nachhaltig – es ist auch betriebswirtschaftlich tragfähig. „Als Unternehmen tragen wir Verantwortung für unsere Mitarbeiter und unsere Wettbewerbsfähigkeit“, ergänzte Sonneck. „Diese Anlage hilft uns beides zu sichern.“
Wo einst Kartonagen gefaltet wurden, wird also Strom gespeichert. Wo einst symbolhalft Riesling im Fokus stand, geht es verstärkt um Resilienz durch Technik. Doch das eine schließt das andere nicht aus – im Gegenteil: „Wir leben von der Natur – und wir wollen sie schützen“, brachte Sonneck die Philosophie des Hauses auf den Punkt.
Das Weingut Jakob Gerhardt hat offenbar einen sinnvollen Übergang von der Gegenwart in die Zukunft markiert, der nachhaltig und sanft wie die rheinhessischen Hügel ist.
