LAUBENHEIM – Es sind etwa 30 Interessierte, die sich am Abend am Wiegehäuschen in der Oppenheimer Straße von Laubenheim zur Führung „Als Laubenheim französisch war“ einfinden. In der Reihe „Mittwochs 18 Uhr in Rheinhessen“ hat die Kultur- und Weinbotschafterin von Laubenheim, Claudia Stein, zum knapp zweistündigen Rundgang durch den Stadtteil eingeladen. Ehe sie sich die Gruppe mithilfe einer Ortskarte von 1810 auf die Spuren der Franzosen machte, stellte Stein sich vor. Seit 2016 ist sie Weinbotschafterin, seit 2017 bietet sie geschichtliche Führungen durch Laubenheim an.
Und hinsichtlich der Franzosen sei bereits der Treffpunkt am 1930 erbauten Wiegehäuschen zu erwähnen. Denn die Zeit, über die Stein berichten wird, sei die Zeit Napoleons, 1792 bis 1814 etwa. Der Legende nach, so erzählt Stein, sei Napoleon 1812 und 1813 durch Laubenheim geritten, Fakt sei, er war 1804 und 1806 dreimal in Mainz. Vor Napoleon sei Rheinhessen in viele kleine Gebiete unterteilt gewesen, die Untertanen mussten die Konfession ihrer Herrscher annehmen. Das wurde mit Napoleon anders. Der Einzug der Franzosen in Mainz 1792 war das Ende der geistlichen Territorien auf deutschem Boden, der Kurfürst Friedrich Karl-Joseph von Erthal musste fliehen. Die Mainzer Republik wurde ausgerufen. Die Franzosen werden noch einmal vertrieben, kommen aber wieder. Laubenheim gehört nun zum Departement du „Mont-Tonnerre“ – dem Donnersberg-Departement. Stein zählt die positiven und negativen Auswirkungen der französischen Besatzung auf. Es gab endlich eine öffentliche und unabhängige Justiz. Das metrische System wurde eingeführt, es galt die Gleichheit vor dem Gesetz, die Zivilehe wurde eingeführt, Schlachthöfe wurden eingeführt und die Pockenimpfung war Pflicht. Dagegen gab es massive Steuererhöhungen, Getreide und Vieh durften nicht mehr über den Rhein ausgeführt werden, die französische Sprache musste gesprochen werden, die Gemeinden mussten Kriegskosten zurückzahlen.
Dort, wo das Wiegehäuschen steht, stand einst ein Rathaus – das aber zerstört wurde, als die Franzosen 1792 Mainz einnahmen. „Es gibt nicht mehr viel zu sehen, ein paar Gebäude noch“, erklärt Stein und führt ihre Zuhörer zunächst dorthin, wo an der heutigen Hintergasse einstmals das Viktorstift viel Platz einnahm. Dort befindet sich heute noch ein Teil des 1585 erbauten und damit ältesten Hauses Laubenheims. Im Mainzer Hof an der Straße nach Mainz saß der französische Steuerbeamte Freiherr von Degenfeld. Drei Pforten gab es in Laubenheim, die Kirchpforte führte aus Laubenheim hinaus zur Kirche, es gab die Merspforte zum Rhein sowie die Hinterpforte in Richtung Bodenheim. Stein zeigt am Marktplatz auf das Schulheißhaus, das die Franzosen während ihrer Zeit hier besetzten, sie führt die Pfarrgasse hinauf und am ehemaligen Dorfgraben entlang zum Erthaler Hof, aus dem der Kurfürst fliehen musste. Auch den Marienhof, der vom Kloster erbaut und wo Wein angebaut wurde, gab es bereits während der Besatzung der Franzosen. Später gab es hier den ersten Kupferberg-Sekt. Interessant für den Mainzer Hof, es entstand ein großer Garten, in dem die Franzosen auch ein „Hospices“ bauten, damals ein Gasthaus. Stein hat einen dicken Packen Notizzettel in der Hand, an denen sie sich bei der Führung orientiert. Es sind unendlich viele Informationen, die sie ihren Zuhörern vermitteln kann. Wer am Ende noch etwas in der Zeit der Franzosen verweilen wollte, konnte im Mainzer Hof oder im Restaurant „Goldene Ente“ noch bei Wein und Speisen den französischen Abend ausklingen lassen.
Autorin: kga