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Auf den Spuren der Kornsand-Morde Gemeinsame Veranstaltung von Geschichtsverein Nierstein und Landeszentrale für politische Bildung

Kürzlich führte der Geschichtsverein Nierstein im Rahmen der Aktionen „75 Jahre Kriegsende“ einen Rundgang zu den Morden auf dem Kornsand durch. Das Bild zeigt die Besuchergruppe auf dem Friedhof in Nierstein mit den Ehrengrabmalen der Opfer - Foto: Dr. Susanne Bräckelmann

NIERSTEIN – Beim Gedenkrundgang auf den Spuren der Kornsandmorde vom 21. März 1945 führte der Hans-Peter Hexemer, Vorsitzender des Geschichtsvereins Nierstein, eine interessierte Besuchergruppe, darunter Nachfahren der Opfer, nicht nur an die Orte des Geschehens auf dem rechtsrheinischen Kornsand und in Nierstein, er stellte vielmehr die Opfer und die Täter vor und ging der Frage nach der  individuellen Schuld der Nazis und Wehrmachtsangehörigen nach wie auch der Frage nach der kollektiven Verantwortung für diese Taten.  Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der  Landeszentrale für politische Bildung statt, deren Direktor Bernhard Kukatzki  auch den Bogen zur Gegenwart spannte, denn auch heute sei notwendig, den Blick für Unrecht zu schärfen.

1945, kurz vor dem Eintreffen der Alliierten in Nierstein, waren auf der gegenüberliegenden Rheinseite die fünf Niersteiner Johann und Cerry Eller, Jakob Schuch, Georg Eberhardt und Nikolaus Lerch und der Oppenheimer Rudolf Gruber durch Genickschuss ermordet worden, auf Anordnung des Kampfkommandanten Schniering. Die Tat führte der 18jährige Leutnant Hans Kaiser aus. Die vier Männer und die Frau waren von den Niersteiner Leutnant Heinrich Funk zuvor denunziert worden. Die Urteile gegen diese Täter fielen in den Augen von Hexemer als viel zu milde aus, auch geschuldet der Zeit des Kalten Krieges in den 1950er Jahren. Eine darüber hinaus gehende Verantwortung habe in Nierstein kaum jemand übernehmen wollen; insbesondere nicht jene, die Tage zuvor als NSDAP-Ortsgruppenleiter und amtierende Bürgermeister die Verhaftung  der dann auf dem Kornsand Ermordeten als politische Gegner und deren Überstellung an die NSDAP  und Gestapo in Darmstadt veranlasst hatten. Dort wurden sie jedoch am frühen Morgen des 21. März freigelassen und gerieten Stunden später in das Geschehen am Kornsand, wo der Brückenkopf sich in Auflösung befand. Insgesamt waren die Taten zwar bekannt, wurden aber meist verschwiegen und verdrängt.

Die Erinnerung an die Opfer und das Gedenken sei ein langer Prozess gewesen – von der Errichtung des Gedenksteins auf dem Kornsand 1954, über die Benennung der Straße der Kornsand-Opfer in Nierstein, die Verlegung von Stolpersteinen bis zur Erhebung der drei noch vorhandenen Gräber von Opfern als Ehrengräber der Stadt. Am Rhine-River-Crossing Monument, das an den Brückenschlag der Amerikaner über den Rhein erinnert, der nur einen Tag nach den Mordtaten gelang, wurde deutlich wie knapp die Ereignisse dieses Endphase-Verbrechens und der Befreiung beieinanderlagen.

Der informative und für viele sehr berührende Rundgang führte zu den Häusern der Opfer mit den Stolpersteinen, zu den Gräbern auf dem Friedhof. Er endete im Atelier des Niersteiner Künstlers Eckard Meier-Wölfle, der sich aktuell in seiner Arbeit „Der Anfang vom Ende“ mit Inhaftierten des KZ Osthofen auseinander setzte, darunter die Kornsand-Opfer Eberhardt und Lerch.

Aud Hoßbach-Appelmann