Start Gesellschaft Bretzenheim gedenkt der NS-Opfer

Bretzenheim gedenkt der NS-Opfer

Bretzenheim – Die Erinnerung an den 9. November ist in Bretzenheim nicht erloschen. Eine beachtliche Zahl von Bürgern, darunter die Mitglieder des Ortsbeirates, Vertreter der Stadt und der Jüdischen Gemeinde, hat der Pogromnacht gedacht. Am 9. November 1938 wurde auch die Synagoge von Bretzenheim zerstört.

Für die „Anteilnahme an dem, was hier vor 80 Jahren geschehen ist“ dankte den Anwesenden die Ortsvorsteherin von Bretzenheim, Claudia Siebner (CDU). „Wir gedenken der Pogrom- oder der Kristallnacht. Gleich welcher Begriff verwendet wird, ich glaube, es ist wichtig, dass wir es gemeinsam tun.“

Besonders erfreut zeigte sie sich über die Anwesenheit der Schuljugend aus der IGS Bretzenheim. Jenes Zechen zu setzen, sei gerade heute wichtig, „da sich Antisemitismus und Hass gegen fremde Kulturen an vielen Stellen wieder breit machen“. Noch vor zehn Jahren habe sie geglaubt, all das komme nicht wieder. Doch: „Wir haben heute Menschen in unseren Parlamenten, die durch ihre Wortwahl das dunkelste Kapitel unserer Geschichte wieder wachrufen.“

Die Gedenkstunde begann an der Stele in Bretzenheim, die den Standort der Synagoge der einstigen jüdischen Gemeinde markiert. Bereits wenige Tage nach der Pogromnacht wurde das Gebäude abgerissen. Die 1788 eingeweihte Synagoge wurde mehrfach vor allem bei kriegerischen Auseinandersetzungen zerstört. Ihre letzte Zerstörung überstand sie nicht. Dass sie von den Nazis nicht angezündet worden war, lag allein an der dichten Bebauung in der Umgebung.

Wie leicht das Vergessen einsetzen und der 9. November den Nimbus des stillen Gedenkens verlieren kann, hat ein Ereignis versinnbildlicht, welches die Feierstunde ein wenig durcheinanderbrachte. Ein Autofahrer hat sein Auto direkt vor der Stele mit der Erinnerungstafel abgestellt: trotz der im Vorfeld auffällig sichtbar aufgestellten Halteverbote. Die versammelte Bürgerschaft musste zu Beginn daher ein paar Meter weiter rücken, bevor der Abschleppwagen das Fahrzeug entfernte.

„Wir wollen klar machen, dass in Bretzenheim kein Raum für Hass ist“, so Siebner. Nach der Gedenkminute ergriff die Mainzer Kulturdezernentin, Marianne Grosse (SPD), das Wort. „Auch in einer kleinen jüdischen Synagoge wie in Bretzenheim dürfte es ein blühendes Glaubensleben gegeben haben.“ Hinweise auf eine Synagoge in Bretzenheim reichen in das 16. Jahrhundert. „300 Jahre später wurde das jüdische Leben im Ort ausgelöscht. Die letzten 17 Bretzenheimer jüdischen Bürger Glaubens wurden 1942 in die Vernichtungslager deportiert und dort ermordet.“ An der Stelle der ehemaligen Synagoge werde nun schmerzlich bewusst, dass wir aktiv werden müssen.

Ein Trauermarsch führte zu den Stolpersteinen, die die Erinnerung an die ermordeten jüdischen Mitbürger des Ortes wach halten. An den Stationen präsentierten die Schüler der IGS, was sie für den 9. November zum Thema jüdisches Leben in Bretzenheim vorbereitet haben. „Es ist uns wichtig, zum 80. Gedenktag ein Zeichen zu setzen“, habe sich das Kollegium im Vorfeld festgelegt, zitierte Sieben, die zugleich unterstrich, dass die IGS Mitglied der Jugendinitiative „Schule ohne Rassismus-Schule“ sei.