
NIERSTEIN – 80 Jahre danach glich Nierstein zwar nicht einem Heerlager. Doch viele Gäste aus nah und fern, Vertreter der Politik, des Militärs und der Gesellschaft sowie zahlreiche Bürgerinnen und Bürger gedachten einem historischen Wendepunkt: dem Rheinübergang der US-Truppen am 22. März 1945. Der sogenannte „Silent Crossing“ trug entscheidend zum schnellen Ende des Krieges bei. Das 249. Pionier-Bataillon errichtete damals die erste Pontonbrücke bei Nierstein. Die Veteranenvereinigung dieses Bataillons stiftete 2017 das Mahnmal am Rheinufer. Nun reiste deren Präsident Robin Wandell aus den USA an. Er betonte: Bis heute gehe es darum, Brücken zu schlagen und Menschen im Geist von Freiheit und Demokratie zu verbinden.
Die Gedenkveranstaltung, gemeinsam organisiert vom Geschichtsverein und der Stadt Nierstein, stand im Zeichen historischer Verantwortung. Hans-Peter Hexemer, Vorsitzender des Geschichtsvereins, erinnerte an US-Präsident Truman. Dessen Zusage von 1947, der freien Welt gegen den totalitären Kommunismus beizustehen, habe Deutschlands Freiheit und später auch seine Einheit ermöglicht. Mehrere Redner betonten: 1945 war nicht nur eine Befreiung vom NS-Regime, sondern auch eine Befreiung zur Demokratie.
Hauptredner Dr. Kai-Michael Sprenger zeichnete die Entwicklung der jungen Bundesrepublik nach. Er nannte zentrale Stationen wie die Frankfurter Dokumente, die Rittersturz-Konferenz, den Verfassungskonvent am Chiemsee und den Parlamentarischen Rat. Diese Schritte führten zum Grundgesetz und begründeten das demokratische Fundament Deutschlands.
Der US-Generalkonsul in Frankfurt, Brian Heath, hob die Bedeutung der transatlantischen Partnerschaft hervor. In acht Jahrzehnten sei ein starkes Band gewachsen. Heute gehe es darum, demokratische Institutionen, Menschenrechte und Grundfreiheiten zu verteidigen sowie Antisemitismus in jeder Form zu bekämpfen.
Kathrin Anklam-Trapp, Vizepräsidentin des rheinland-pfälzischen Landtags, sagte: „Der Wille zu Freiheit und Demokratie hat uns jahrzehntelang verbunden.“ Rheinland-Pfalz sei bis heute vom amerikanischen Einfluss geprägt. Staatssekretär Daniel Stich (Innenministerium RLP) ergänzte: „Stronger together“ solle auch künftig gelten.
Eine besonders bewegende Passage war die Zeitzeugenrunde mit Gisela Schmuck, Georg Zimmermann und Juliane Schmitt. Als Kinder erlebten sie die dramatischen Märztage 1945 in Nierstein und teilten ihre Erinnerungen mit den Gästen.
Stadtbeigeordneter Michael Sander betonte die Freundschaft zwischen Deutschland und den USA, die aus früherer Gegnerschaft gewachsen sei. Helen Patton, Enkelin von General George S. Patton, erinnerte am Denkmal daran, dass solche Orte Mahnung, Dank und Hoffnung zugleich seien. Stadtbürgermeister Jochen Schmitt sagte: „Die Rheinüberquerung von Nierstein war ein symbolischer Moment auf dem Weg zu einem neuen, demokratischen Deutschland. Ein kostbares Gut, das wir bewahren müssen.“
Das Rahmenprogramm unterstrich die Würde des Anlasses: originale Militärfahrzeuge von 1945, musikalische Begleitung, eine Ehrenformation der AUSA Wiesbaden, eine feierliche Kranzniederlegung und ein schriftliches Grußwort des heutigen Bataillonskommandeurs LTC Langston Turner. Er erinnerte an die Kraft von Partnerschaft und gegenseitigem Respekt.
red