Start Kultur Ein Leuchtturm-Projekt ging auf die Zielgerade HVV-Projekt >>>“Ortsdokumentation, Rundwege, Zeitzeugen” abgeschlossen

Ein Leuchtturm-Projekt ging auf die Zielgerade HVV-Projekt >>>“Ortsdokumentation, Rundwege, Zeitzeugen” abgeschlossen

Mit über 100 Gästen war die Vorstellung der Idee sehr gut besucht. Foto: Siegfried Schäfer

HARXHEIM – Was im Schenkschen Garten begann, wurde nun abgeschlossen. Die Idee, Ortsdokumentation und -geschichte, Rundwege und Zeitzeugen kam dem Heimat- und Verkehrsverein Harxheim (HVV) schon im Juli 2020. „Aus anfangs ein paar Ideen wurde ein Schatz für unsere Ortsgemeinde geschmiedet,“ stellt Harald Schenk stolz fest.

Schnell wurde aus einem bunt zusammengesetzten „Haufen“ Harxheimer Bürgerinnen und Bürger ein sehr strukturierter Kreis mit sieben Projektteilen eines enorm umfangreichen Gesamtprojektes. Kernstück war der digitale Bestandteil – auf den alle Einzelprojekte aufbauen. Dazu wurden dank QR-Codes auf Schildern scheinbar unzählige Orte gekennzeichnet, überwiegend im alten Ortskern.

Das eine Team stieg in Archive ein und förderte viele neue Infos über die Geschichte Harxheim zutage. Die evangelische Kirche zum Beispiel stellte eine Schriftsammlung des ehemaligen Pfarrers Johannes Würth von 1909 bis 1920 bereit. In dieser hat er alle Geschehnisse seiner elf Jahren Amtszeit erfasst. Unendlich viele kleine Geschichten, Anekdoten und Hochzeiten und Geburten. Das Problem: alles war in Sütterlin geschrieben und musste übersetzt werden. Andere Bürger stellten Postkarten aus Harxheim bereit. Die Aufzeichnungen stellen nicht nur ein lebendiges Bild des damaligen Dorflebens, sondern geben auch einen authentischen Eindruck von den Auswirkungen des 1. Weltkrieges auf das Leben in Harxheim.

Diese wertvollen zeitgeschichtlichen Informationen wurden von der Arbeitsgruppe elektronisch erfasst und aufbereitet und sind nun auf www.doku-harxheim.de öffentlich zugänglich. Schilder mit den QR-Codes über die Ortswaage, bestimmte Gebäude, der Schule usw. wurden produziert und angebracht. Ruckzuck ist man damit auf den über 1.000 Seiten im Internet und erfährt wissenswertes über den Standort sauber nach Themen sortiert.

Ein Ziel sollte die Schaffung eines Panoramaweges als Rundweg mit sechs Kilometern Länge ergeben. Auch hier bauen die Harxheimer auf QR-Codes. An vielen Stellen weisen sie auf geschichtliches oder die Fernsicht hin. So kommt man unweigerlich an der Selzstellung vorbei, einer Wehranlage aus dem 1. Weltkrieg, die Angriffe aus dem Westen abwehren sollte. Weithin unbekannt und auch nicht mehr erkennbar – QR-Code und Internet machen es sichtbar. Der neue Panoramaweg ist eingebunden in den Kleinen Mainzer Höhenweg.

Der ganze Panoramaweg wurde mit neuen Schildern ausgestattet, alte wurden ersetzt. Ein wenig Weinlehrpfad wurde ebenfalls angelegt – an 16 Reben sind nun deren Rebnamen sowie auch QR-Codes angebracht, der Wanderer erfährt Wissenswertes über die jeweilige Rebsorte.
Ebenfalls neu errichtet wurden Tafeln über Kräuter, die Hinweise auf deren Verträglichkeit und gesundheitlichen Perspektiven aber auch Tipps für eine Küchennutzung – alles über QR-Code ansteuerbar – geben. Drei Infotafeln über heimische Vogelarten ergänzen das Angebot.

Auch neu gestaltet wurde der „Historische Ortsrundgang“ – den 24 „Point of Intrest (POI) – ebenfalls mit frischen neuen Schildern und den QR-Codes versehen. Zehn Beispiele über die Harxheimer Geschichtcher lassen den Besucher schmunzeln. Das Wahrzeichen von Harxheim, die Harxheimer Anekdoten und Kurioses, der Schluckspecht Rheinhessiensis, Harxheimer Geschichten in Mundart von Elli Blase, die Ortswaage am ehemaligen Bahnübergang in der Bahnhofstraße, „Michel Michel“ das letzte Harxheimer Original, „Es Spritze-Heisje“, „Es Brockelche“ – Ortsdiener, Feldschütz und Ausscheller und natürlich muss über die Güte des Weines vom Jahr 1558 bis 1862 berichtet werden. Alles kleine Geschichtcher, die lesenswert sind und auf www.doku-harxheim.de zu finden

Die Idee „Zeitzeugen“ wurde umgesetzt. Auf der HVV-Website sind unter „Zeitzeugen“ die Erinnerungen an die Kriegs- und Nachkriegsjahre in Harxheim filmisch festgehalten. In recht kurzen Sequenzen berichten Harxheimer aus ihrem Leben, beispielsweise wie sie ihre Schulzeit erlebt haben. Ein Augenmerk sollen die Auswirkungen der Jahre und Gegebenheiten auf das Leben in einer typisch landwirtschaftlich geprägten Gemeinde wie Harxheim aufzeigen. „Wir haben erst ein Drittel der Interviews ins Netz geladen, der Rest kommt alsbald nach“, stellt Schenk fest. Erstmals in Harxheim wurde die Geschichte der jüdischen Bevölkerung aufbereitet. Die durch die Nationalsozialisten herbeigeführten Schicksale wurden auf dem Online-Portal dargestellt und verewigt. „Wir möchten in einem weiteren Schritt in Harxheim an den historischen Stellen Stolpersteine in die Gehwege einbringen“, so Schenk.

Schenk zieht Fazit: „Brauchtum und Tourismusförderung – zwei Elemente, die wir unterstützen wollen. Das Ganze auf moderne Art und Weise – eben zeitgemäß. Drei neue Wanderwege, elf Kilometer Laufstrecke, 35 Infotafeln: Nur wenige Eckdaten, die das Projekt zusammenfassen, das wir als HVV in den vergangenen vier Jahren geleistet haben – die aber trotzdem nicht ausreichen, um das Projekt in seiner ganzen Größenordnung abzubilden. Das unsere Arbeitsgruppe so ein umfangreiches Ergebnis erzielte, hat mich überrascht und macht mich stolz.“ Ein großes Investitionsprojekt ist die Anschaffung eines Weinausschank-Wagens – ausgebaut als Anhänger, der an ausgewählten Tagen immer wieder längs des Rundweges oder im Ortskern platziert werden soll.

4500 Arbeitsstunden und 160.000 Euro sind nach Angaben des Vereins in das Projekt geflossen. Ein Teil der Finanzmittel stammen vom Leader-Förderprogramm der EU, ein anderer Projektteil wurde durch die Ehrenamtsförderung des Landkreises Mainz-Bingen finanziell gefördert. „Einige Arbeiten wie die Herstellung der Schilder mussten wir an Fachbetriebe vergeben. Die Schilder am Panoramaweg aufstellen oder innerorts anbringen, die Recherchen, das Digitalisieren usw. haben wir als HVV selbst gemacht. Eine enorme ehrenamtliche Leistung die monetär nicht leistbar gewesen wäre.“

Wolf-Ingo Heers

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Ich engagiere mich in der VG Bodenheim, und das in vielen verschiedenen Bereichen. Dies zum Beispiel als Vorsitzender des Deutschen Roten Kreuzes des Ortsvereins der VG Bodenheim. Ich war aber auch viele Jahre Vorsitzender des Bodenheimer Verkehrsvereins und war lange Zeit aktiv beim DLRG. Ich suche den Kontakt mit den Menschen und bin immer da, wenn Hilfe gebraucht wird. Darüber hinaus erzähle ich gerne über das, was in der VG Bodenheim los ist. Und das, was ich zu erzählen habe, das schreibe ich immer wieder gerne für das Journal LOKAL – die lokale Zeitung. Denn so erfahren es alle, die diese Zeitung lesen.