Liebe Mainzerinnen und Mainzer,
142 Jahre ist es jetzt her, dass in Belgien die „Gesellschaft zur Steigerung der moralischen und geistigen Eigenschaften der Hauskatze“ gegründet wurde. Ob sie erfolgreich war, ist schwer zu sagen, weil wir ja nicht wissen, wie die moralischen und geistigen Eigenschaften der Hauskatze vor 1877 waren. Aber eines scheint mir das Wissen um diese Gesellschaft doch zu bewiesen: Es gibt Dinge, die von Anfang an gewissermaßen als „für die Katz‘“ erscheinen und die man doch mit großer Ernsthaftigkeit betreibt. Und zu diesen Dingen gehört für die meisten von uns wohl auch in diesem Jahr wieder der alljährliche Versuch, einmal ohne Stress durch die Vorweihnachtszeit zu kommen. Gewissermaßen sind wir wohl alle Mitglieder der „Gesellschaft zur Steigerung der Besinnlichkeit des alltäglichen Lebens in der Vorweihnachtszeit“. Alle Geschenke einmal früh beisammen haben, den Stress der Arbeit hinter sich lassen und dann das Jahr unter den Lichterketten des Weihnachtsmarktes mit Freunden und Familie bei dem einen oder anderen Glühwein ganz in Ruhe ausklingen lassen – ja, das ist das Ziel, aber in den meisten Jahren doch so schwer zu erreichen wie das mit der Steigerung der Hauskatzenmoral. Ich hoffe dennoch von Herzen, dass Sie es – wenn diese Kolumne erscheint – geschafft haben werden, dieses Ziel in diesem Jahr so zu erreichen, wie Sie es sich gewünscht haben. Allen, denen es wie mir bisher noch nicht gelungen ist, wünsche ich, dass die besinnlichen Tage auch für Sie bald beginnen, dass der Stress des Arbeitsjahres nachlässt und Sie vor allem eines finden: die Zeit, die uns im Rest des Jahres so oft fehlt: Zeit für die Familie, für Freundinnen und Freunde und auch – zumindest ein wenig – für sich selbst. Ich finde, unsere Stadt mit dem historischen Weihnachtsmarkt am Dom, der WinterZeit an Schiller- und Neubrunnenplatz, an Hopfengarten und Hauptbahnhof, den Weihnachts- und Adventsmärkten in den Stadtteilen und mit den weihnachtlich beleuchteten Straßen und Geschäften, lädt dazu wärmstens ein.
Damit ist eines schon absehbar: das Jahresende. 2019 verabschiedet sich und 2020 steht vor der Tür. Gefühlt sind die Erwartungen an die runden Jahre in Politik und Gesellschaft ja irgendwie besonders groß. Es scheint, als verbinde sich mit dem Wechsel der Zehnerstelle auch ein besonderer Moment des Aufbruchs: 2020 – irgendwie steht dieses Jahr, schon seitdem es 2010 am Horizont erschien, im kulturellen Bewusstsein für Zukunft. Vielleicht umso mehr, weil es schon das dritte Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts einläutet (auch wenn die offizielle Geschichtsschreibung dessen Beginn im Unterschied zur gefühlten Einteilung erst am 1.1.2021 sieht). Und es ist ja auch so: Es liegen wichtige Zukunftsentscheidungen vor uns: in unserer Stadt, unserem Land, Europa und der Welt. Das Jahr 2020 stellt schon jetzt ganz konkrete Fragen an uns: Wie können wir das Lebensrecht auf Wohnen für alle Menschen in unserer Stadt sichern? Wie gestalten wir den sozialen Zusammenhalt im dritten Jahrzehnt des digitalisierten 21. Jahrhunderts? Wie können wir die Verkehrswende schaffen, wie bekommen wir die Luft sauberer und können unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten? Wie sieht die Zukunft unseres Weltmuseums der Druckkunst aus? Ja, die Erwartungen an 2020 sind groß – und das war nur eine kleine thematische Auswahl.
Umso mehr bin ich dankbar für das Vertrauen, das Sie bei der Oberbürgermeisterwahl in mich gesetzt haben, diese Herausforderungen gemeinsam mit dem Rat und der Verwaltung zum Wohle unserer Stadt anzugehen und an ihrer Lösung weiterzuarbeiten. Es ist mir eine große Ehren und Freude, im kommenden Jahr in meine zweite Halbzeit in diesem wunderschönen Amt starten zu dürfen. 2019 war ein bewegendes Jahr, in dem die Mainzerinnen und Mainzer in drei kommunalen Wahlen – der Kommunalwahl, der OB-Wahl und der Wahl zum Beirat für Migration und Integration – sowie der Europawahl aufgerufen waren, über die Weichenstellungen für die kommenden Jahre abzustimmen. Und mir ist nach diesen Wahljahr, das ja tatsächlich ein ganzes Jahr voll Wahlen und Wahlkampf war, besonders wichtig, dass wir nun die Zukunft gemeinsam angehen – in dem guten Miteinander, das unsere Stadt auszeichnet und sie lebenswert macht. Ich lade alle dazu ein: Lassen Sie uns gemeinsam die besten Ideen für unser Mainz entwickeln und sie miteinander umsetzen. Ich freue mich darauf.
Ich bin sicher, dass 2020 dann die Erwartungen, die wir in es setzen, für unsere Stadt erfüllen wird. Bevor es aber soweit ist, wünsche ich Ihnen und Ihren Familien nun erst einmal eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch!
Ihr
Michael Ebling