
OPPENHEIM – 800 Jahre ist es her, dass Oppenheim die Stadtrechte verliehen bekam. 1225 legte ein kaiserliches Privileg den Grundstein für jene Stadt, die auf eine wechselvolle Geschichte zurückblickt. Doch nicht nur Urkunden und Gedenktafeln erzählen davon – auch Menschen wie Frieder Zimmermann tragen dazu bei, dass das Echo der Jahrzehnte bis heute nachhallt.
Zimmermann, Jahrgang 1954, lebt in Oppenheim – und schreibt über Oppenheim. Journal LOKAL erzählt er zunächst mal, wie es dazu kam. In der Schulzeit habe eine Lehrerin es möglich gemacht, das kleine Geschichtchen mit verteilten Rollen aus seiner Feder zur Aufführung kamen. „So fing das eigentlich an“, erzählt er. Doch es sollte dauern, bis sich die Lust am Erzählen entfalten konnte. Denn Zimmermanns Weg führte erst einmal in andere Gefilde: Er studierte Deutsch und Geschichte, arbeitete über mehr als 30 Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Pressereferent – immer mit dem Gespür für Worte, aber immer auch für andere. „Das Lesen hat mich immer begleitet.“ Erst nach einem gesundheitlichen Einschnitt, einem Schlaganfall 2013, begann er, die Geschichten zu schreiben, die ihn selbst beschäftigten. Er lernte regionale Autoren kennen und fasste Mut. „Wenn die das können, dann kannst du das auch mal probieren, dachte ich mir.“
Zunächst hatte er vier Krimis veröffentlicht, alle spielen hier – in Mainz, Nierstein, Oppenheim. „Ich wollte nicht nur eine einfache Krimigeschichte erzählen“, betont er. „Das wäre mir zu einfach gewesen. Ich wollte auch die Landschaft, die Menschen, das Lebensgefühl hier reinpacken.“ Irgendwann führte Zimmermanns historisches Interesse ihn zur reichen Stadtgeschichte und schwerpunktmäßig ins 17. Jahrhundert, als Oppenheim mehrfach Schauplatz von Zerstörung und Wiederaufbau war. Sein Roman „Mélak – Mordbrenner des Königs“ erzählt vom französischen Brigadier, der die Stadt niederbrennen ließ. „Wenn es Lücken in der Biographie gibt, dann füllst du die halt literarisch“, sagt Zimmermann, der in akribischer Recherche Fakten und Fiktion verbindet. „Ich wollte diesem Mann ein Gesicht geben, eine Geschichte. Und zeigen, wie solche Gewaltspuren in einer Stadt weiterleben.“ Dabei entsteht ein faszinierendes Bild: von einer Stadt, die in ihrer 800-jährigen Geschichte immer wieder aus der Asche neu aufstand – und von den Menschen, die sie dabei prägten. Passend zum Jubiläum hat Zimmermann sich auch am Jubiläumsbuch des Geschichtsvereins beteiligt.
Es ist diese Mischung aus kritischem Geist und Heimatverbundenheit, die Zimmermann auszeichnet. Er verwebt immer auch ein Stück Rheinhessen: die Weinhänge, die Mundart, die Eigenheiten der Leute in die Geschichten. Und er spart nicht an einem augenzwinkernden Blick auf die Politik. Gerne wirft er einen kritischen Blick auf die lokalen Entscheider. „Aber nicht verbissen. Eher mit Humor.“
Das neue Buchprojekt ist ein historischer Roman über Friedrich V., den „Winterkönig“, der als Kurfürst von der Pfalz eine Schlüsselrolle in den Wirren des Dreißigjährigen Kriegs spielte. „Ich bin bei 250 Seiten und muss aufpassen, dass es nicht zu viel wird.“
So schließt sich der Kreis: Oppenheim feiert 800 Jahre Stadtrechte, Zimmermann erzählt Geschichten aus diesen 800 Jahren – immer auf der Suche nach dem, was hinter den Steinen, hinter den Akten steckt – und leistet einen lesenswerten Beitrag zum großen Festjahr und auch darüber hinaus.
Gregor Starosczyk-Gerlach