Start Gesellschaft „In Dankbarkeit auch Abstriche machen“

„In Dankbarkeit auch Abstriche machen“

Marlon Keßler aus Hahnheim.JPG

WEISENAU – Mit Zuversicht, aber auch mit einem mulmigen Gefühl im Bauch hat die Weisenauer Pfarrerin Britta Busch die Advents- und Weihnachtszeit für ihre evangelische Gemeinde gestaltet. „Schon der Weg auf Weihnachten zu ist aus meiner Sicht sehr wichtig gewesen.“ Zwar plant die Kirchengemeinde fünf Gottesdienste ein, davon drei unter freiem Himmel, doch eine Sorge bleibt der Pfarrerin. „Meine größte Angst ist, dass ich Menschen an Weihnachten nach Hause schicken muss.“ 50 Plätze stehen in der Kirche zur Verfügung. „Bei den Open-Air-Gottesdiensten wissen wir ja auch nicht, wie das Wetter sein wird.“ Gleichwohl schließt Busch aus der Erfahrung der vergangenen Monate, dass nicht alle Gläubigen in die Kirche kommen wollen. „Ihnen stehen unsere digitalen Angebote zur Verfügung.“

An alle Senioren, die vorsichtshalber die sozialen Kontakte meiden, dachte die Weisenauer Kirche freilich schon im Advent. „Es gab viele Ebenen, auf denen wir versucht haben, nicht nur sie, sondern alle Menschen zu erreichen.“ Weihnachten bedenkt Busch, sei nicht nur an Heiligabend. Seit Monaten versuche sie, den Menschen geistliche Impulse und Stärkungen aus der Bibel und aus dem Glauben weiterzugeben. „Damit sie in dieser ungewöhnlichen Zeitihren Weg finden, sich mit Gott zu verbinden.“ Einmal in der Woche lud sie beispielsweise zum coronakonformen Adventssingen auf dem Kirchengelände ein. „Die Menschen vermissen das Singen wahnsinnig.“ Busch weitet die Betrachtungsperspektive. „Wir konnten über viele Jahrzehnte Weihnachten unbeschwert feiern. Die meisten hatten genügend Geld, um sich Essen und Geschenke zu gönnen.“ Doch solle man sich vergegenwärtigen, dass es Menschen in Deutschland und in anderen Ländern gibt, die zeitgleich Not oder Krieg erlitten. „Wir müssen in großer Dankbarkeit nun auch Abstriche machen können.“

Immer noch seien unsere Lebensumstände im Vergleich zu vielen anderen Ländern „ganz wunderbar“. So sei für sie der biblische Ruf der Engel an die Hirten „Fürchtet euch nicht“ aktuell besonders wichtig. Mit Jesus komme das Licht in die Welt, um die Dunkelheit zu erhellen und damit die Angst zu nehmen und Mut zu machen gerade in schweren Zeiten, sagt die Pastorin. „Ich denke an Menschen, die psychisch belastet sind, die um ihre Existenz fürchten, die Angst vor der Zukunft haben, weil sie nicht wissen, was ihnen politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich bevorsteht.“ Busch ist überzeugt, dass Weihnachten durch jene Zusage, dass Gott mit uns sei, wirke und uns Kraft schenke. Die Pfarrerin lädt alle Gläubigen dazu ein, die positiven Glaubenserfahrungen aus früheren Krisen mit anderen offen zu teilen.

„Die Menschen spüren dann die Authentizität der Christen. Auf diese Weise werden sie mitgenommen und können den Zuspruch Gottes erfahren“. Die wichtigste Aufgabe ist aktuell aus ihrer Sicht, dass wir uns mit unserem Glaubenden Mitmenschen zur Verfügung stellen. Auf diese Weise könnten Christen helfen, die Türen aufzustoßen, damit Gott an Weihnachten in der existenziellen Krise auch für viele sichtbar wird.