MAINZ – Sphärische Musik erklingt vor der St. Gotthard-Kapelle, während auf der Fassade weiße Buchstaben erscheinen. Es ist Samstagabend und bereits dunkel. Die Buchstaben wirken wie Drucklettern aus der Buchpresse von Johannes Gutenberg und schieben sich von links nach rechts. In Minuskeln formt sich der Satz: „Der Mensch vergeht, die Liebe aber bleibt.“ Es ist der dritte Abend, an dem die Mainzer Innenstadt durch Licht- und Videoprojektionen erleuchtet wird.
An prominenten Gebäuden wie dem Dom St. Martin, der Rheingoldhalle und dem Osteiner Hof sind die Installationen zu sehen, begleitet von unterschiedlicher Musik. Die Projektionen spielen mit Naturbildern, Emotionen und thematisieren sogar Magie, so heißt es. Die künstlerische Leitung obliegt der Hochschule Mainz, deren Studiengang „Zeitbasierte Medien“ die Installationen entwickelt hat.
Schräg gegenüber der Gotthard-Kapelle, am Gebäude „das macht SiNN“, gibt es ein weiteres Schauspiel zu sehen, bei dem die Fenster des Hauses am Markt im Mittelpunkt stehen. Gleichzeitig projizieren leistungsstarke Beamer die Umrisse romanischer Formen wie Bögen und Säulen auf die Ostfassade des Mainzer Doms – immer wieder in anderen Variationen. Die Musik übertönt dabei die staunenden Ausrufe der Zuschauer. „Mainz im Licht“ begeistert die Menschen, die ihre Telefone zücken, um die Eindrücke festzuhalten.
So viele Besucher sieht die Innenstadt nach Einbruch der Dunkelheit selten. Rund 75.000 Menschen sollen es diesmal gewesen sein, wie die Organisatoren im Nachgang berichten. Das erscheint plausibel: In den Menschenmengen gelingt das Vorankommen zu den einzelnen Lichtinstallationen oft nur in kleinen Schritten. Helle Pfeile auf dem Boden weisen den Weg zur nächsten Attraktion. „Sind wir wieder alle beisammen?“ – „Ja“ – „Also, weiter.“
Man erkennt seine Begleiterinnen und Begleiter nur aus nächster Nähe, denn das Licht bleibt den Projektionen vorbehalten. Besonders eindrucksvoll erstrahlt die rötliche Sandsteinmauer des Staatstheaters: Mal huschen Tierfiguren vorbei, mal erscheinen zwei Hände, mal blickt ein Auge auf das Publikum. Vom Sockel aus lauscht Gutenberg dem ersten Satz von Beethovens fünfter Sinfonie, der erklingt. Die Botschaft erschließt sich nicht sofort – aber zum Glück wiederholen sich die Projektionen hier und an allen anderen Lichtstationen immer wieder.
Auch die Fassade des Osteiner Hofs zeigt sich bunt; an der Deutschen Bank zerfließen die Bilder wie Plasma über die Wände. Begleitet wurde das Lichtfestival von einem abwechslungsreichen Programm in den Innenstadtgeschäften und Restaurants. Die Geschäftsführung von „mainzplus Citymarketing“ zeigt sich zufrieden: Die Geschäfte blieben bis 22 Uhr geöffnet, und viele Besucher nutzten dies ausgiebig. Nach dem Abschluss des Festivals stellten die Organisatoren fest, dass solche Veranstaltungen einen nachhaltigen Beitrag zur Belebung der Innenstadt leisten.