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Literarischer Kalender verbindet Generationen im Altenzentrum Advent >>>Täglich öffnen Jugendliche und Kinder ein literarisches Adventsfenster

Gabriele Richter liest im Altenzentrum Oppenheim aus einem literarischen Beitrag. Für die Aufnahme hat sie auf dem Stuhl Platz genommen, auf dem sonst die jugendlichen Gäste des literarischen Kalenders sitzen. Foto: Gregor Starosczyk-Gerlach

OPPENHEIM – An den Dezembernachmittagen öffnet sich im Altenzentrum in Oppenheim jeweils um 16.45 Uhr jeweils ein Fenster zur Adventszeit: Es ist der literarische Kalender. Das tägliche, rund 15- bis 20-minütige Innehalten ist zu einem festen Bestandteil der Vorweihnachtszeit geworden. Getragen wird es von Kindern und Jugendlichen und aufmerksam verfolgt von den Bewohnerinnen und Bewohnern des Hauses – im Publikum im Gemeinschaftsraum oder in ihren Zimmern.

Tag für Tag kommen junge Menschen hierhin, um kurze literarische Beiträge zu teilen. Mal ist es eine Geschichte, mal ein Lied. Die Vielfalt der Beiträge spiegelt die Vielfalt der Beteiligten wider: Kinder und Jugendliche aus allen Oppenheimer Schulen, aus Vereinen, kirchlichen Gruppen und einer Musikschule bringen sich ein. Alle Termine sind in diesem Jahr ausgebucht, berichtet Initiatorin und Organisatorin Gabriele Richter. „Vor allem bei Jugendlichen ist das Interesse in den vergangenen Jahren spürbar gewachsen“, sagt sie. Viele fragten inzwischen direkt nach, ob sie teilnehmen könnten.

Beim Besuch von Journal LOKAL gestalteten Jugendliche der Jugendfeuerwehr einen der Nachmittage. Sie brachten die Geschichte „Der letzte Weihnachtsmann“ mit und lasen sie Abschnitt für Abschnitt nacheinander vor. Anschließend folgte ein kurzes Quiz. Mit jeder richtigen Antwort kommt ein weiterer Buchstabe hinzu – Teil eines langen Wortes, das sich erst am letzten Tag des literarischen Kalenders vollständig erschließt. Die Buchstaben hängen über einem sterilisierten Kamin mit künstlichem Feuer.

Dieses wiederkehrende Element verbindet die einzelnen Termine miteinander. Der literarische Kalender ist keine lose Abfolge von Beiträgen. „Viele Bewohnerinnen und Bewohner verfolgen aufmerksam, wie sich das Wort Tag für Tag zusammensetzt und wie sich mit jedem Nachmittag neue Gruppen einbringen“, beschreibt Gabriele Richter die Wirkung. Sie selbst empfindet die Abfolge der Nachmittage als sehr bereichernd. „In der Summe macht das für mich Advent und Weihnachten aus.“

Über ein Videosystem wird der literarische Kalender in die Gruppen der Einrichtung übertragen. „So ist die Veranstaltung präsent im ganzen Haus“, sagt Richter. Die Rückmeldungen zeigten, dass die Beiträge immer wieder Gesprächsthema seien – auch über den jeweiligen Nachmittag hinaus.

Fernab jeder Inszenierung begegnen sich im Altenzentrum Menschen am Gipfel ihres Lebenswegs mit Kindern und Jugendlichen, die am Anfang stehen. Die Botschaft von der Geburt eines verletzlichen Kindes schwingt im Hintergrund mit und wird unter anderem durch eine Krippe unter dem Weihnachtsbaum bebildert. Der Geist der vergangenen Weihnacht trifft auf die Gegenwart, wie in Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte, und deutet auf die Zukunft hin. Nicht mehr, aber auch nicht weniger passiert im Altenzentrum in Oppenheim.

 

Gregor Starosczyk-Gerlach