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Mit dem Smartphone durch die Geschichte des Ober-Olmer Waldes Zeitzeugnis >>>Neuer Audioguide macht die bewegte Vergangenheit erlebbar

Historiker Dr. Andreas Frings, der das Projekt betreute, erläuterte vor Ort die Hintergründe des Projekts. Foto: Jasmine Stroh

OBER-OLM – Wer den Ober-Olmer Wald durchquert, sieht heute ein gepflegtes Naherholungsgebiet. Was vielen verborgen bleibt: Der Wald war jahrzehntelang militärisch genutzt, in den 1970ern Schauplatz politischer Auseinandersetzungen und in den 1990ern Beispiel gelungener Konversion. Mit einem neuen Audioguide wird diese Geschichte nun hörbar – und erlebbar.

Sechs Stationen führen auf einer neun Kilometer langen Route durch den Wald. Die Inhalte stammen aus einem Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Zwölf Geschichtsstudierende recherchierten dafür akribisch in Stadt-, Landes- und Universitätsarchiven, führten Zeitzeugengespräche und produzierten die Tonstücke selbst. „Die Studierenden haben alles gemacht: Texte geschrieben, redigiert, eingesprochen – das war echte Teamarbeit“, erklärt der Historiker Dr. Andreas Frings, der das Projekt betreute.

Frings betont die historische Tiefe des Projekts: „Wer heute durch den Wald spaziert, sieht Bäume. Mit dem Audioguide aber versteht man, dass dieser Wald ein Produkt seiner Zeit ist – ein Raum, der sich im Laufe von Jahrzehnten verändert hat.“

Screenshot des Actionbound.
Screenshot: Gregor Starosczyk-Gerlach

Die sechs Themen reichen von der illegalen Holzgewinnung der frierenden Mainzer in der Nachkriegszeit über die Trimm-dich-Pfade der 1970er bis hin zur ökologischen Umwidmung ehemaliger Militärflächen in den 1990er Jahren. Besonders eindrücklich sei die „Koexistenz von Spaziergängern und amerikanischen Soldaten“, so Frings. „Da wurden Raketen stationiert und Panzer rollten durchs Gelände, während Familien mit Kindern nebenherliefen.“

Historisches Wissen trifft hier auf moderne Technik. Der Audioguide kann über die kostenlose App „Actionbound“ auf das eigene Smartphone geladen werden. Mit Kopfhörern im Ohr und Wanderschuhen an den Füßen wandert man durch Jahrzehnte deutscher und amerikanischer Geschichte – mitten im Grünen.

Auch der Förster Jann Hoffmann zeigt sich beeindruckt: „Das ist eine tolle Erfolgsgeschichte. Dass aus einem ehemaligen Militärgebiet heute ein öffentlich zugängliches Naturschutzgebiet geworden ist, macht den Wald besonders.“ Der Audioguide sei ein Gewinn für die Umweltbildung – nicht zuletzt, weil er digitale Wege der Vermittlung nutzt. Hoffmann kann sich vorstellen, dass bald Augmented-Reality-Anwendungen hinzukommen: „Vielleicht steht man irgendwann auf dem Hügel der Freundschaft und sieht die Raketenbasis, wie sie damals aussah – virtuell.“

Für Steven Steininger, Verbindungsoffizier der US-Streitkräfte für Rheinland-Pfalz, ist der Wald auch ein Stück gelebte deutsch-amerikanische Geschichte: „Wie viele rheinhessische Mädels haben hier wohl mit einem Ami-Boy Hand in Hand die große Liebe gefunden?“ Für ihn steht fest: „Solche Geschichten dürfen nicht vergessen werden.“

Der Audioguide ist ab sofort nutzbar. Der Startpunkt für das Waldabenteuer ist der Zugang beim Hügel der Freundschaft.

 

Gregor Starosczyk-Gerlach