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Mit Herz und Humor nach Panama Interview mit Anna Hinrichs über den Aufbruch des MUCK-Familientheaters

Ein Foto aus früheren Tagen, als das Galli-Theater 2017 in Bodenheim gastierte: Das Schneewittchen spielte damals Anna Hinrichs (li.). Sie und ihr Kollege und Ehemann Kim Reuter haben vor Kurzem unter neuem Theaternamen ein neues Kapitel aufgeschlagen. Foto: Gregor Starosczyk-Gerlach

BODENHEIM/MAINZ – Das in Mainz und der Region bekannte Galli-Theater um Anna Hinrichs und Kim Reuter hat sich vor Kurzem unter einem neuen Namen auf eine Theaterreise zu unbekannten Ufern begeben. Nicht mehr Galli-Theater sondern MUCK heißt das Ensemble. Demnächst schaut die Truppe in Bodenheim vorbei. Dabei steht die Aufführung „Oh, wie schön ist Panama“ im Bürgerhaus Dolles durchaus sinnbildlich für den Aufbruch, von dem Hinrichs im Interview mit Journal LOKAL erzählt.

Journal LOKAL: Was war für Sie der Auslöser, das Galli-Theater zu verlassen und MUCK zu gründen? Wo ist nun die Heimstätte des neuen Theaters beheimatet? Wie viele Schauspieler hat es?

Anna Hinrichs: Nach vielen Jahren intensiver Galli Theaterarbeit wollten wir künstlerisch einfach neue Wege gehen – mit mehr Freiheit, um eigene Stücke, Musik und Themen zu entwickeln. MUCK ist aus dem Wunsch heraus entstanden, das, was uns am Theater begeistert, noch persönlicher, eigenständiger und bunter weiterzuführen.
Unsere Heimstätte bleibt in Mainz-Gonsenheim, dort, wo unsere Theatergeschichte begann. Hier spielen wir weiterhin unsere interaktiven Theater Formate, sowie Programm für Erwachsene. Außerdem touren wir von hier aus mit unseren Produktionen, und sind mit unseren Ensemble-Stücken aktuell vor allem in Bodenheim, Nieder-Olm und Mainz unterwegs. Unser Ensemble besteht aus neun Personen mit einem festen Kern von aktuell fünf Schauspieler und Schauspielerinnen.

Journal LOKAL: Inwiefern unterscheidet sich MUCK inhaltlich und künstlerisch vom Galli-Konzept?

Anna Hinrichs: Wir beschränken uns mit MUCK nicht mehr ausschließlich nur auf Märchen, sondern sind auch offen für andere Kindergeschichten, wie zum Beispiel „Oh, wie schön ist Panama“. Wir möchten Geschichten erzählen, die uns berühren und beschäftigen. Und wir schreiben und komponieren nach und nach unsere eigene Musik. Dabei bleibt uns das Mitmach-Theater für Kinder ebenso wichtig wie das Ensemble-Musiktheater für die ganze Familie. Uns ist es wichtig, die eher traditionsbehafteten Märchen auch zeitgemäß darzustellen und für alle Generationen spannend zu gestalten- natürlich immer mit Humor, Musik aber auch einer Prise Poesie.

Mit neugierigem Blick in Richtung neuer Theaterwelten: Kim Reuter und Anna Hinrichs verkörpern den kleinen Bären und den kleinen Tiger in „Oh, wie schön ist Panama“, dem ersten Stück ihres neuen Theaters MUCK, das demnächst in Bodenheim zu sehen ist.
Foto: privat

Journal LOKAL: Gab es Spannungen oder Einschränkungen, die Sie bei Galli empfunden haben?

Anna Hinrichs: Wir blicken mit Dankbarkeit auf die Galli Zeit zurück. Galli war für uns ein wichtiger Lern- und Entfaltungsraum. Aber irgendwann war einfach der Moment gekommen, etwas Eigenes entstehen zu lassen, was zu 100 Prozent unsere Handschrift trägt.

Journal LOKAL: Welche inhaltlichen oder ästhetischen Ansprüche verfolgen Sie mit MUCK?

Anna Hinrichs: Wir möchten Geschichten erzählen, die Herz und Humor verbinden und dabei berühren aber auch beflügeln. Ästhetisch ist uns wichtig, dass unsere Stücke atmosphärisch, farbenfroh und musikalisch sind. Theater soll für uns ein Ort sein, an dem Kinder und Erwachsene gleichermaßen staunen und sich wiederfinden können.

Journal LOKAL: Was bedeutet Theatermagie für Sie konkret? Wie lässt sie sich inszenieren?

Anna Hinrichs: Theatermagie entsteht für uns, wenn Fantasie und Wirklichkeit miteinander verschmelzen, wenn man plötzlich vergisst, dass man in einem Saal sitzt, und ganz in der Geschichte aufgeht.
Wir versuchen diese Magie mit ansprechenden Texten, mitreißender Musik, liebevollen Kostümen und Bühnenbildern, Bewegung, Licht und einer großen Portion Begeisterung zu kreieren. Aber vor allem entsteht sie durch echte Begegnung zwischen Bühne und Publikum.

Journal LOKAL: Warum fiel die Wahl ausgerechnet auf „Panama“ – hat die Geschichte oder das Motiv des Aufbruchs mit Ihnen persönlich oder dem neuen Theater zu tun?

Anna Hinrichs: Ja, sehr sogar. Wir haben uns für „Oh, wie schön ist Panama“ entschieden, weil uns diese Geschichte genau in dem Moment wieder begegnet ist, als wir selbst an einem Punkt standen, an dem wir etwas neu sehen mussten. Nach vielen Jahren Theaterarbeit hatten wir das Gefühl, dass das innere Feuer, das uns immer angetrieben hat, leiser geworden war. Wir mussten – wie der kleine Bär und der kleine Tiger – einmal unsere Perspektive wechseln, um wiederzufinden, was uns wirklich trägt. Dieser Blickwechsel hat uns zu MUCK geführt. Wir sind am selben Ort geblieben – und doch ist alles anders. Wir haben unsere Theaterheimat neu entdeckt, mit neuen Farben, neuer Begeisterung und neuer Kreativität. Denn manchmal müssen wir gar nicht weit reisen – es reicht, den Blick zu verändern. Und plötzlich liegt das Glück direkt vor der Haustür. Außerdem ist Janoschs Humor, seine Wärme und Lebensweisheit genau das, was wir lieben und brauchen.

Journal LOKAL: Wie gestaltet sich die Arbeitsteilung zwischen Regie, Musik, Text und Bühne?

Anna Hinrichs: Im Fall von „Oh, wie schön ist Panama“ habe ich das Theaterstück geschrieben und die Regie geführt. Die Musik wiederum wurde von meinem Kollegen und Ehemann Kim Reuter geschrieben und komponiert, wobei wir beide hier immer im regen Austausch miteinander bleiben und auch wertvolle Impulse des jeweils Anderen mit einfließen lassen. Die Requisiten und Kostüme entwickelten wir beide dann gemeinsam mit Beate Steinbronn, die unglaublich viele Ideen mit eingebracht und die Kostüme geschneidert hat. Die Requisiten haben wir alle selbst gebaut und die Bühnenbilder von der tollen Künstlerin Pepa malen lassen. Das Besondere ist, dass wir beide auch selbst mit auf der Bühne stehen, so wächst und entsteht dann der Rest mit unserer Kollegin Michaela Nelson im Probenprozess.

Journal LOKAL: Inwiefern war der Prozess eine Herausforderung im Vergleich zum bisherigen Arbeiten?

Anna Hinrichs: Es war ein großes Abenteuer, weil wir diesmal alles selbst gestaltet haben und die Arbeit daran einen deutlich längeren Zeitumfang in Anspruch genommen hat (über ein halbes Jahr). Vom Schreiben, bis zum Komponieren, Ausstatten, Bauen, Inszenieren, Proben, Werbung machen und Plakatieren und vieles mehr. Aber genau das hat uns unglaublich beflügelt und macht uns auch besonders stolz. Es war und ist noch immer eine sehr intensive Reise und am Ende steht etwas, das sich wirklich nach „uns“ anfühlt.

Journal LOKAL: Wie wollen Sie Familien erreichen, die vielleicht bisher Galli-Stammgäste waren?

Anna Hinrichs: Wir freuen uns, wenn unsere bisherigen Zuschauer neugierig bleiben und mit uns diesen neuen Weg gehen. Viele kennen ja unsere Handschrift. Nur dass sie jetzt in einem neuen Gewand erscheint. Gleichzeitig möchten wir auch neue Familien ansprechen, die Lust haben, unser neues, noch persönlicheres Theater kennen zu lernen.

Journal LOKAL: Was wünschen Sie sich vom Publikum in Bodenheim? Wie soll es MUCK erleben?

Anna Hinrichs: Wir wünschen uns, dass sich das Publikum als ein Teil der Aufführung spürt und mitlebt und dass die Menschen aus der Vorstellung gehen und sich irgendwie leichter fühlen – inspiriert, getröstet oder einfach glücklich.
MUCK soll ein Erlebnis sein, das verbindet.

Journal LOKAL: Wird es zukünftig auch Produktionen für Jugendliche oder Erwachsene geben?

Anna Hinrichs: Ja, das ist auf jeden Fall unser Ziel. Wir haben schon Ideen für neue Stücke, die sich an ein älteres Publikum richten. Aber im Moment liegt unser Fokus ganz auf Familien und auf Panama, denn es ist unsere erste große Reise als MUCK.

Journal LOKAL: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte: Gregor Starosczyk-Gerlach

Premieren-Termine im Bürgerhaus Dolles in Bodenheim:

Samstag, 15. November, 13 & 16 Uhr

Sonntag, 16. November, 11 & 14 Uhr

Die Tickets sind ab sofort hier erhältlich.

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Gregor Starosczyk-Gerlach: Redaktionsleiter für Journal LOKAL Rheinhessen. Erfahrener Journalist und Fotograf für Journal LOKAL seit 2013. Experte für Lokalmedien mit Schwerpunkt Rheinhessen und Mainz. Theologiestudium als Inspirationsquelle für faszinierende Alltagsgeschichten.