
OPPENHEIM – Was war das für ein schönes Schlendern von Bühne zu Bühne in Oppenheim. Die Hitze des Tages – ja, die war da. Dessen ungeachtet nutzten zahlreiche Besucher die Gelegenheit, um die fünfte Ausgabe der Fête de la Musique in Oppenheim ausgiebig zu testen oder – feinfühliger ausgedrückt – sie zu genießen. Was 2021 mit vorsichtigen Sitzkonzerten in Pandemiezeiten begann, hat sich binnen weniger Jahre zu einem stimmungsvollen Musikfest in der Stadt entwickelt.
Der Ideengeberin von einst sei Dank: Damaris Ziegler-Krethe hatte mit Herzblut und Idealismus es möglich gemacht, dass die Anziehungskraft inzwischen in die Region hinausstrahlt. In Anlehnung an das französische Straßenmusikfestival, das in Frankreich seit mehreren Jahrzehnten oft durch Kommunen organisiert wird und eine hohe Beteiligung von Schulen, Vereinen und Laien aufweist, hatte Ziegler-Krethes Engagement inzwischen für mehrere Spielorte. Über 40 Acts wurden auf der Meile vom Weingut Dietz über das Deutsche Weinbaumuseum und die Bühne am Rathaus bis zur Katharinenkirche und dem neu hinzugekommenen Klostergarten hinter der Bartholomäuskirche geboten.

Foto: Gregor Starosczyk-Gerlach
Die Solosängerin Mariejules setzte sich am Abend mit ihrer schwarzen Ibanez-Gitarre auf dem Schoß im Weingut Dietz vors Publikum. „Ich spiele gern auch etwas ältere Lieder“, erzählte sie. Auf „Pretty Woman“ und „Stand by Me“ folgte ein Song von Janis Joplin. Nach Joplin Manier trug auch Mariejules einen Strohhut, der ihre dunklen Augen kontrastierte.
Oppenheim wurde zur klingenden Stadt. Im Publikum wurden Personen mit Stempelkarten gesichtet: Wer vier der acht Spielorte besuchte, konnte ein privates Unplugged-Konzert mit einem Act der diesjährigen Fête live bei sich zu Hause gewinnen. Die Musiker brachten ihr Equipment mit, bauten es auf, und manchmal ergaben sich Zeitverschiebungen. Zur Veranstaltung gehörte also der Umstand, dass man manchmal gar nicht so genau erkennen konnte, wer gerade den Auftritt hatte. Laut Programm sollte gerade im Deutschen Weinbaumuseum das Robin-Köster-Trio spielen. Oder gehörten die jungen Leute auf der Bühne noch zur Schulband der Zuckmayer-Realschule? Letztendlich war das auch sekundär.
Die Musik zählte – und die echte Hingabe, die die Künstler an den Tag legten. Zumal die Fête einige Überraschungen und Stimmungswechsel bot. Die Atmosphäre wirkte ansteckend. Zum Rathausplatz gewandert, überraschten neue Vibes den Besucher. In neonpinken und -grünen Kostümen gekleidet, erzeugte die fünfköpfige Band Montytown erzeugte eine berauschende Stimmung auf dem Plateau. Sie drehte die Hip-Hop-Funky-Regler richtig auf. Fettes Brot wären sicher mit der Darbietung von „Wo sind meine Leute da draußen?“ zufrieden.

Foto: Gregor Starosczyk-Gerlach
Wenige Meter entfernt – im ehemaligen Klostergarten – residierte zwischen den Pflanzen und Kräutern wie Muskatellersalbei oder Blutampfer der König Folk. „The Star of the County Down“ sei eine irische Liebesgeschichte, aber eine untypische, weil am Ende keiner stirbt, bewarb die Zwei-Mann-Band Ariadne’s Beard die Ballade. Unterdessen im inzwischen voll besetzten Hof des Weinbaumuseums stimmte das „Bubamara Kolektif“ die Instrumente. Kaum ein Sitzplatz blieb für spontane Besucher frei, Steh- oder Tanzplätze gab es hingegen genug. Auch hier gefiel die Stimmung und wo war denn die Zeit bei der Schlenderei und Musikschlemmerei geblieben? Alle 40 Künstler jener Fête zu hören – das schaffte wohl niemand. Was gar nicht so schlecht war. Das Gefühl, etwas zu versäumen, verleiht jetzt schon der Vorstellung die Flügel, in einem Jahr zur sechsten Fête zu kommen.