
BUDENHEIM – 1875 war das Gründungsjahr und 2025 der feierliche Anlass für einen besonderen Rückblick: Die Freiwillige Feuerwehr Budenheim feiert aktuell ihr 150-jähriges Bestehen. Eine Chronik, die die Gemeinde Budenheim Journal LOKAL zur Verfügung gestellt hat, dokumentiert die Entwicklung, wie sich aus den Anfängen mit Handpumpe, Sturmglocke und Muskelkraft ein moderner Rettungsdienst entwickelt hat. Getragen wird er heute wie damals vom freiwilligen Einsatz der Bürger.
Die Turner als erste Feuerwehrleute
„Das einer rennt, wenn’s brennt – und besser wär’s, wenn es mehrere wären.“ Mit diesem Satz illustriert der Rückblick die Entscheidung der Gemeinde, eine Brandwehr zu gründen. So suche man in Budenheim 1875 geeignete Männer, die kräftig, sportlich und mutig seien und fand sie im Turnverein. Wo sollte sonst die körperliche Fitness vorkommen, die es für das Klettern, Retten und Pumpen brauchte? 19 Männer unterschrieben damals die Statuten der neuen „Turnerfeuerwehr“ auf freiwilliger Basis

Foto: Gemeinde Budenheim
Die ersten Einsätze muten heute fast abenteuerlich an. Alarmiert wurde – so die Vermutung – per Kirchenglocke – genauer: mit der kleinen „Sturmglocke“ mit einem aufgeregten bimm, bimm. „Zu Fuß, eventuell per Fahrrad ans Spritzenhaus, im Mannschaftszug per Hand die Spritze an die Einsatzstelle und dann Wasser per Eimer oder sonst wie in die Spritze und mit den Handhebeln auf beiden Seiten auf und nieder und erst dann konnte der Brand gelöscht werden„, so die Chronik.
Zwischen 1875 und 1926 sind Einsätze dokumentiert: Brände von Häusern, Scheunen und Bäckereien – sogar ein Hilfseinsatz in Walluf, zu dem man mit dem Boot über den Rhein setzte. 1882 kam es zur Neuorganisation nach dem „Übungsbuch über Dienst- und Sanitätsvorschriften für Feuerwehrwesen im Großherzogtum Hessen“, denn dazu gehörte Budenheim damals.
Kurios: Bis 1905 wurde am alten Rathaus (1865-1967) in der Rheinstraße ein Schuppen als eine Art Magazin für die Spritze genutzt. Die Leitern brachte man in einem Schuppen jenseits der Bahnlinie neben der Kirche unter.
Zwischen Weltkrieg und Wiederaufbau
Wie viele Feuerwehren wurde auch die Budenheimer Wehr in den Weltkriegen stark in Mitleidenschaft gezogen. 1914 wurden 26 Männer zum Kriegsdienst eingezogen, drei von ihnen kehrten nicht zurück. Die Chronik hält fest: „Philipp Quanz und Peter Hanselmann blieben in Russland, Ignaz Schell fiel bei Verdun.“
Nach 1933 wurden die Feuerwehren zur Feuerlöschpolizei. Im Zweiten Weltkrieg rückte die Wehr bei Bombenangriffen in Mainz, Darmstadt, Frankfurt, Offenbach, Bingen und Bingerbrück aus – unter Lebensgefahr. Als der Krieg endete, musste die inzwischen motorisierte Wehr das Löschfahrzeug abgeben. Die Chronik schreibt: „Das zweite Fahrzeug, einem Mercedes-Kastenwagen beschlagnahmte Volkssturmführer Hesse und brachte es auf die rechte Rheinseite (und sich selbst). Dort wurde es von Tieffliegern zerstört.“
Die schwarzen Uniformen wurden von den Amerikanern zerschnitten, weil man sie der mit SS-Kleidung verwechselte. Dank Hartnäckigkeit und Beziehungen konnte die Ausrüstung wieder aufgebaut werden – nicht zuletzt mit Hilfe des Unternehmers Adam Krautkrämer.

Foto: Gemeinde Budenheim
Modernisierung und Wachstum
In den folgenden Jahrzehnten wuchs die Wehr – technisch, personell und strukturell. 1978 wurde die Jugendfeuerwehr gegründet – mit dem heutigen Bürgermeister Stephan Hinz als jungem Mitglied. 1983 wurde der Förderverein gegründet. Die Einsatzzahlen stiegen kontinuierlich: Brände in der Glashütte, Großschäden nach Hochwasser, ein tödliches Zugunglück im Jahr 2000, Katastropheneinsätze bei Starkregen – viele davon sind detailliert dokumentiert, ebenso wie tragische Vorfälle mit Todesopfern.
Ein besonderes Kapitel widmet sich der Geschichte der Standorte: Vom ersten Spritzenhaus am Friedhof über provisorische Lösungen bis hin zum heutigen Gerätehaus in der Rheinstraße (seit 1986).
Der Anstieg der Einsätze ist vor allem auf vermehrte Wasserrettungen, Türöffnungen sowie Alarmauslösungen in öffentlichen und betrieblichen Gebäuden zurückzuführen. Die zunehmende Zahl alleinlebender älterer Menschen führt zu mehr Türöffnungen – dabei werden lebende, verstorbene oder reanimierte Personen angetroffen.
Auch Fehlalarme gehören zum Alltag, etwa wenn Nachbarn Zugang verschaffen und nur der Rettungsdienst unterstützt wird. Ab dem Zeitraum von 2017 bis 2024 stieg das Einsatzgeschehen auf durchschnittlich 127 Einsätzen pro Jahr an. Die Corona-Pandemie stellte besondere Anforderungen durch Hygienevorgaben. Die Wache 2 am Platz der Generationen wurde wegen der Brückensperrung eingerichtet.

Foto: Gemeinde Budenheim
Chronik mit Witz und Menschlichkeit
Neben den dramatischen Ereignissen finden sich in der Chronik auch humorvolle Passagen: „Von Anton Nikolay hält sich die Anekdote eines verunglückten Befehls. Aus dem Zuruf: „Auf den Damm, marsch, marsch!“ wurde ein „Auf den Marsch, damm. damm“. Vor lauter Lachen konnte dieser Befehl nur äußerst mangelhaft ausgeführt werden.“
Auch Tiere spielen in der Chronik ihre Rolle: Entenfamilien werden zum Rhein eskortiert, eine Äskulapnatter in der Mülltonne geborgen und verletzte Tauben ins Tierheim gebracht.

Foto: Gemeinde Budenheim
Verantwortung und Wandel
Zur jüngsten Historie gehört auch der personelle Umbruch. Nach zehn Jahren Amtszeit traten Mario Amadori und Felix Bayer nicht mehr zur Wahl an. Neuer Wehrleiter wurde Constantin Klinkig. Er hat eine Organisation übernommen, die mittlerweile jährlich über 120 Einsätze fährt und sich ständig an neue Herausforderungen anpasst – von technischen Innovationen bis zur veränderten Altersstruktur in der Gesellschaft.