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Neue Refugien für Frösche und Kröten: Stadt und NABU stellen Tümpel und drei Himmelsteiche her

Ein neu angelegter Tümpel - Foto: Stadt Rüsselsheim am Mian

RÜSSELSHEIM – Um die Biodiversität zu fördern und gefährdete Arten zu schützen, hat die Untere Naturschutzbehörde der Stadt Rüsselsheim am Main für Amphibien einen Tümpel am Horlachgraben und drei sich mit Regenwasser füllende Himmelsteiche in der Rohrlache am 12. und 13. Februar herstellen lassen. Die Aktion wurde durch den Amphibienspezialisten und Vorsitzenden des NABU, Dieter Baumgardt, angeregt. „Die Anregung des NABU haben wir sehr gern aufgegriffen und freuen uns, dass wir als Stadt dieses Projekt nun gemeinsam mit dem NABU umsetzen konnten. Denn die Stadt verfolgt konsequent eine Strategie zu mehr Nachhaltigkeit und biologischer Vielfalt. Mehr als ein Dutzend weiterer Himmelsteiche und Tümpel wurden in der Vergangenheit in Rüsselsheim geschaffen, zudem viele Grünflächen sich selbst überlassen, um Tieren und Pflanzen einen Lebensraum zu bieten. Gemeinsam mit den Naturschutzverbänden arbeitet die Stadt derzeit außerdem an der Vernetzung von verschiedenen Biotopen und setzt Projekte wie die Einrichtung von Nistkästen für Vögel und Fledermäuse um. Dies sind wichtige Schritte für ein funktionierendes Ökosystem, von dem auch wir Menschen profitieren“, sagt Umweltdezernent, Stadtrat Nils Kraft.

Aushub der drei Himmelsteiche in der Rohrlache – Foto: Stadt Rüsselsheim am Main

Die Arbeiten wurden bewusst in der Frostperiode ausgeführt, da aufgrund des gefrorenen Bodens keine Flurschäden in den Wiesen durch die Fahrzeuge entstehen. Außerdem konnte der Tümpel und die drei Himmelsteiche fertig gestellt werden, bevor die  Laichperiode der Amphibien beginnt. Abhängig von den Temperaturen laichen einige Amphibienarten, zum Beispiel die Erdkröten, bereits Ende Februar oder Anfang März. Die Laichperiode der Spätlaicher hingegen geht je nach Witterung von Mai bis in den August.

Der neue Amphibientümpel ist etwa 25 Quadratmeter groß mit einer Wassertiefe von zirka 60 Zentimetern, gespeist wird der Tümpel durch das Grundwasser. Er befindet sich in der Nähe des Horlachgrabens, ist aber davon abgetrennt, um zu verhindern, dass der Amphibienlaich von Fischen gefressen wird. Dadurch haben Amphibien bessere Bedingungen, um sich dort zu vermehren. Dieter Baumgardt zeigt sich erfreut über den Bau des neuen Tümpels und erwartet, dass dieser bald von Erdkröten und Teichfröschen besiedelt wird. „Außer der direkten Besiedlung durch Amphibien könnten auch Enten oder andere Wasservögel den Laich eintragen“, so Baumgardt.

In der Rohrlache wurden auf Anregung von Jochen Müller (BUND) drei Himmelsteiche angelegt jeweils mit einer Größe von etwa vier Metern im Durchmesser und einer Tiefe von 80 Zentimetern. Diese Art von Gewässern füllt sich temporär mit Regenwasser, wovon sich auch der Name „Himmelsteich“ ableitet. Da die drei Himmelsteiche in einer Trinkwasserschutzzone liegen, wurde bei den Arbeiten darauf geachtet, dass sich Teich und Grundwasser nicht miteinander vermischen können. Zurzeit liegen die drei Teiche noch trocken. Sollte durch den natürlichen lehmigen Boden das Wasser nicht ausreichend gehalten werden, wird der NABU zusätzlichen Lehm einbauen, um die Teiche abzudichten. Besonders während der Amphibienentwicklung ist es wichtig, dass die Himmelsteiche mit Wasser gefüllt sind. Bei zu wenig Regen will der NABU deshalb die Teiche mit Wasser des nahegelegenen Brunnens füllen.

„Es ist davon auszugehen, dass zu den Himmelsteichen relativ schnell Wechselkröten und Kreuzkröten von den in der Nähe liegenden Biotopen zuwandern werden. Wechselkröten (Bufo viridis) und Kreuzkröten (Bufo calamita) leben vor allem in offenen Flächen mit geringem Pflanzenbewuchs und bevorzugen ebenfalls Gewässer als Laichplätze, in denen nur wenige Pflanzen vorhanden sind. Aufgrund dessen ist die Agrarlandschaft mit temporären Kleinstgewässern, vor allem in der Laichzeit von April bis Mai, ein wichtiger Lebensraum für beide Arten“, erläutert Amphibienexperte Baumgardt.

In der Agrarlandschaft seien diese Lebensräume jedoch selten geworden, da zum einen der übermäßige Einsatz von Düngern negative Folgen wie den Bewuchs von ursprünglich offenen Lebensräumen und Gewässern mit sich bringen kann. Zum anderen würden Felder, auf denen es zu Staunässe kommt, oftmals entwässert, wodurch sich keine temporären Gewässer mehr bilden können, so Baumgardt weiter.

Sowohl die Wechselkröte, als auch die Kreuzkröte sind europaweit durch die so genannte Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie geschützt und gemäß Bundesnaturschutzgesetz „streng geschützt“. Das bedeutet, dass weder die Arten gestört oder verletzt werden dürfen, noch die besiedelten Lebensräume zerstört werden dürfen. „Der Rückgang der Lebensräume und der damit einhergehende europa- und deutschlandweite Schutzstatus dieser beiden Arten zeigt, wie wichtig und notwendig der Einsatz zum Schutz von Amphibienarten ist. Denn ohne Amphibien würde ein wichtiger Teil der Nahrungskette und dadurch auch der Ökosysteme fehlen, was ebenfalls einen Einfluss auf den Menschen hätte.

Daran erkennt man, welche Bedeutung der Schutz von Amphibien hat und welche Bereicherung die Herstellung von Kleingewässern, wie den Himmelsteichen in der Rohrlache und des Tümpels am Horlachgraben für die Biodiversität darstellen kann“, sagt Kraft abschließend.

Magistrat der Stadt Rüsselsheim am Main
Fachbereich Zentrales