HATTERSHEIM – Leise und vorsichtig öffnet Willi Reinhart die große hölzerne Klappe an dem 80 x 70 x 60 cm großen Holzkasten. Ort des Geschehens: Der Dachboden der evangelischen Kirche im Hattersheimer Stadtteil Okriftel.
Diesen Kasten hatte Willi Reinhart vor mehr als 15 Jahren dort gebaut. Vorgesehen war er ursprünglich als Behausung für Turmfalken. Um ihn auch für die wesentlich größeren Schleiereulen tauglich zu machen hatte er ihn nachträglich deutlich erweitert auf seine jetzige Größe. Mit relativ geringem Erfolg. Zu diesem Ergebnis kam jedenfalls der ihn an diesem Tag begleitende Weilbacher BUND’ler Bernd Zürn. Als Kind und Jugendlicher war Zürn, ein gebürtiger Okrifteler, oft in dieser Kirche. Allerdings nie auf dem Dachboden.
Der Kasten war tatsächlich längere Zeit sowohl von Turmfalken als auch von den (sehr selten gewordenen) Schleiereulen benutzt worden. Das konnte Zürn an deren Hinterlassenschaften, den ‚Gewöllen‘, eindeutig erkennen. Gewölle sind unverdaute Speisereste, die von manchen Vögeln ausgewürgt werden. Die bildeten in dem Kasten eine mehr als zehn Zentimeter hohe Schicht. Ein Beweis dafür, dass er über mehrere Jahre genutzt wurde. Frische Spuren fehlen – leider. Ganz frisch dagegen sind die Hinweise auf Tauben. In einem, aus kleinen Hölzchen recht grob gebastelten und für Tauben typischen Nest, lag ein wenige Stunden altes Taubenkind sowie ein noch nicht ausgebrütetes Taubenei. Die Freude über diese Bewohner ihres Kastens hielt sich bei Reinhart und Zürn in engen Grenzen. „Von denen haben wir eigentlich mehr als genug“, gibt sich Willi Reinhart enttäuscht. Auch Zürn hatte sich mehr erhofft: „Der Kasten ist prima gebaut und auch der Anbringungsort mit seiner Öffnung nach Osten und einem freien Anflug ist ideal für Turmfalken und Schleiereulen“
„Dass sich in diesem Jahr noch ein Turmfalken- oder Schleiereulenpaar zum Brüten hier einfindet kann ich zwar hoffen. Aber das ist sehr unwahrscheinlich“, zeigt sich Willi Reinhart realistisch. Da aber die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt werden die beiden Umweltaktivisten im nächsten Jahr wieder den Kasten mit großen Erwartungen kontrollieren.
Bernd Zürn