
LAUBENHEIM/SÜDAMERIKA – Mitte/Ende Dezember 2017. Es ist kurz vor Weihnachten, genau genommen der 22.12., als Benni, mein älterer Bruder und ich die chilenisch-bolivianische Grenze inmitten der Atacama-Wüste passieren. In großen Schritten geht es auf Weihnachten zu und der Wunsch, eine herzliche Familie zu finden, die mit uns gemeinsam Weihnachten feiern möchte, wächst. Doch noch sind wir in der Wüste und das einzige Haus, was wir an jenem Abend finden können, ist eine Polizei-/Zollstation. Ein freundlicher, junger Mann sieht uns in der späten Dämmerung und lädt uns in die Polizeistation ein. Was für ein Glück, denn in der Wüste kann es nachts sehr kalt werden! Jene Nacht verbringen wir im Büro der sehr freundlichen Polizisten und reisen am 23.12.2017 weiter durch die Wüste gen Süden. Der erste Lift an diesem Morgen ist übrigens deren Polizeiauto.

Zu dem Zeitpunkt reise ich schon 15 Monate ununterbrochen per Anhalter von Deutschland nach Feuerland (Südspitze Südamerikas). Das Trampen und Draußen-Übernachten ist also eigentlich schon alltäglich geworden. Dennoch, für Weihnachten wünschen wir uns innig eine Familie, die uns aufnimmt. Weihnachten ist nun mal das Fest der Liebe und wer will das denn bitte alleine feiern? Wir passieren die Wüstenstadt San Pedro de Atacama und machen nicht lange halt, bevor wir weiter gen Süden trampen….“Raus aus der Wüste – ab in den grünen Süden“, ist unser Gedanke…. Innerhalb der nächsten 24 Stunden werden wir noch über 1000 km zurücklegen. Stunde für Stunde blicken wir in die weite Wüstenlandschaft. Irgendwie fesselnd und gleichzeitig steigt die Spannung in uns…

Wo werden wir Heiligabend verbringen? Der LKW brummt. Wir fahren weit in die Nacht hinein, bis unserem Lastwagenfahrer die Augen zufallen. Eigentlich will er gar keine Pause machen… Nichtsdestotrotz, irgendwann packt ihn die Müdigkeit. Er schläft in seinem Bett, während Benni auf dem Lenkrad einnickt. Nach ein paar schrillen Weckern, die der Chilene nicht zu hören vermag, läuft der Motor wieder an und brummend bewegt sich unser Vehikel weiter gen Süden. Zunächst durch dichten Nebel, dann erblicken wir das Meer. Noch in der Wüste springen wir vom LKW ab und trampen mit Autos weiter… Wir wissen nicht wirklich, wohin es uns treibt… Es ist bereits früher Nachmittag am 24.12., als ein junger Mann auf der Kreuzung hält. Ich beachtete ihn erst gar nicht so, da er in eine vermeintlich „falsche“ Richtung fuhr. Irgendwann winkte er aber und schwärmte von seinem Dorf. Und das war für uns ein Zeichen. Wir folgten diesem Zeichen und landeten in dem verträumten Dorf, namens Huasco, welches in einer Oliven-/Weinregion direkt am Pazifik liegt.

Wir kauften ein paar Leckereien für den Abend ein, erkundigten uns, wann die Christmette gefeiert wird und genossen den Blick auf’s Meer. Doch noch immer hatten wir keine Familie gefunden…und das drückte irgendwie im Magen. Vorsichtshalber suchten wir uns schon mal einen potenziellen Platz für die Nacht und gingen um 22:00Uhr in die Christmette. Nach dem Gottesdienst wünschten wir den Menschen „Feliz Navidad“ und plötzlich geschah, was geschehen musste: Wie aus dem Nichts kam ein Weihnachtsengel auf uns zu, fragte, ob wir schon wissen, wo wir zu Abend essen und beschloss auf mein kleinlautes „No…“ hin, wir sollten ihm nach Hause folgen. Ein Strahlen, pure Dankbarkeit breitete sich in unseren Gesichtern aus. Ist das wirklich wahr? Oder doch nur ein Traum? Fakt ist, es ist traumhaft! Der Weihnachtsengel heißt übrigens Roland und ist Familienvater mehrerer Kinder. Wir blieben in der Familie zwei Tage, dann trampten wir wieder weiter gen Süden…
Joshi Nichell
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