Start Kultur Schräg, schrill und sehr politisch EVENT >>> Zweite Ausgabe der queeren Erfolgsgeschichte...

Schräg, schrill und sehr politisch EVENT >>> Zweite Ausgabe der queeren Erfolgsgeschichte in der Burgruine

Das Finale einer großen Show. Foto: Michael Türk

OPPENHEIM – Wussten Sie schon, dass in München kleine Kinder zur Homosexualität erzogen werden sollen? So zumindest die Meinungen, Äußerungen und Befürchtungen in vielen „seriösen“ Medien und von einschlägig bekannten Politikern – Hassbotschaften und übelste Beschimpfungen in den sozialen Medien noch nicht einmal mitgezählt. Als Beleg diente eine geplante Vorlesestunde in der Bogenhausener Stadtbibliothek, bei der Drag Queens in ihren Kostümen aus Kinderbüchern mit alternativen Blickwinkeln vorlesen wollten. Und ist nicht auch eine Veranstaltung wie das „Drag Kingdom“ in der Oppenheimer Burgruine Landskron für einige der Anfang vom Ende des Abendlandes?

Ja, Ablehnung und Unverständnis begegnen ihnen häufig. So wiesen Moderatorin Miss Anna Stood und ihr Co-Moderator Enrique Doleschy, Mister Gay Germany, während der mehr als zweistündigen Show immer wieder auf die Situation der queeren Community hin, auf die ständigen Diffamierungen, Desinformationen und erfundene Vorwürfe, mit denen sie im Alltag fast täglich konfrontiert werden. Doch sie demonstrierten den gut 200 Besuchern der Veranstaltung auch ihre Lebensfreude, ihre Lebendigkeit und ihre bunte Vielfalt – und das nicht nur durch ihre schillernden Kostüme. Ihr Versprechen an die nicht unbedingt szenetypischen Gäste gleich zu Beginn der Show: „Es wird ein Horrorabend für die AFD.“

Queen-Mom Miss Anna Stood, Künstlerin und Moderatorin des Abends. Foto: Michael Türk

Und es war eine fantastische Show: sieben Queens, neben Miss Anna Stood noch Ember Remember, Tiffany D. Sin, Luana Rose, Gina Glamour, Alice Poison und Flexi Twixx sowie der extra aus München angereiste Drag King Perry Stroika begeisterten das Publikum mit ihren Darbietungen von LipSync-Performances über Tanz und Comedy bis hin zu Live-Gesang. Das Programm war so bunt und abwechslungsreich wie die farbenprächtigen Perücken, die glitzernden Outfits oder die schrillen Highheels. Denn jede der Künstler*innen hat einen unterschiedlichen Schwerpunkt bei der Interpretation von Drag, was übersetzt für „Verkleidung“ steht, mit unterschiedlichen Looks und Performance-Stilen – von klassischer Eleganz bis zu extravaganten Phantasiekostümen.

Insgesamt bot der Abend einen abwechslungsreichen Einblick in die Kunstform Drag und auch die Besucher, die sich bisher noch nie mit Drag auseinandergesetzt haben, hatten mit Sicherheit ihren Spaß. Vor allem aber war es neben allen Showelementen ein wichtiges und eindrückliches Plädoyer für Toleranz und Offenheit in der heutigen Gesellschaft. Ein Plädoyer, für das nicht nur den Künstler*innen der Show, den beiden Moderatoren sondern auch dem Veranstalter, der Firma CPE-Events aus Ingelheim, und nicht zuletzt der Stadt Oppenheim für die zur Verfügungstellung der herrlichen Location großen Dank gebührt.

Michael Türk