RÜSSELSHEIM – Als Stadt Rüsselsheim am Main stehen wir, wie viele andere Kommunen in Deutschland, vor einer Vielzahl an Herausforderungen, die unser städtisches Leben betreffen. Eine der größten Herausforderungen ist die finanzielle Ausstattung unserer Kommune und die Notwendigkeit, langfristige Lösungen für die künftige Entwicklung zu finden. Dies kann nur durch eine neu gedachte kommunale Finanzierung und Unterstützung durch Bund und Land erreicht werden. Hier braucht es eine grundlegende Reform, die die aktuellen Finanzierungen in Frage stellt und auf stabilere Beine stellt.
Die finanzielle Situation der Kommunen ist zu stark von weltpolitischen Ereignissen und Entscheidungen von Bund und Land abhängig. Wegbrechende Einnahmen bei der Gewerbesteuer auf der einen Seite und die immer weiter wachsenden Aufgaben, die man durch Entscheidungen von Bund und Land zu erfüllen hat auf der anderen Seite, führen aktuell zu der noch nie dagewesen angespannten Situation bei den Kommunen, auch in Rüsselsheim. Dazu kommt die fehlende Finanzierung durch Bund und Land, sowie das nicht Einhalten des Konnexitätsprinzips, insbesondere durch den Bund. Hier sind die Transferaufwendungen besonders herauszuheben, die aktuell die Kommunen belasten und teilweise erdrücken.
Es ist unumstritten, dass unsere Kommunalfinanzen derzeit in einer schwierigen Lage sind. Zwar haben wir in der Vergangenheit durch Sparmaßnahmen und Effizienzsteigerungen einiges erreicht, doch diese Schritte allein reichen nicht mehr aus, um die drängenden Bedürfnisse unserer Stadt zu erfüllen. Infrastrukturelle Investitionen in Schulen, Kitas und andere Einrichtungen sind unerlässlich, um unseren Bürgerinnen und Bürgern, vor allem unseren Kindern und Jugendlichen, die bestmöglichen Rahmenbedingungen für ihre Zukunft zu bieten.
Die jetzige Generation kann es sich nicht leisten, in einer Umgebung zu lernen, die in vielen Bereichen marode ist. Schulen, die dringend renovierungsbedürftig sind, Kitas, die Platzprobleme haben, und die allgemeine städtische Infrastruktur, die in vielerlei Hinsicht nicht den Anforderungen einer modernen Gesellschaft gerecht wird – all das führt zu einem enormen Nachteil für die aktuelle junge Generation. Es kann nicht gerecht sein, dass diejenigen, die heute die Grundlagen für ihre Zukunft legen wollen, in einer solchen Umgebung aufwachsen müssen.
Daher fordere ich eine grundlegende, systemische Veränderung in der Finanzierung der kommunalen Ebene. Alle bisherigen Stellschrauben, die wir in den letzten Jahren angezogen haben, haben nicht die notwendigen Fortschritte erzielt. Eine Reform der Schuldenbremse ist unumgänglich, um die notwendige Handlungsfähigkeit zu erhalten und dringend notwendige Investitionen zu tätigen. Wir müssen jetzt in die Zukunft investieren – und zwar nicht nur in die Infrastruktur, sondern auch in die Köpfe der kommenden Generationen.
Ich bin mir bewusst, dass Schulden nicht generationengerecht sind und dass wir verantwortungsvoll mit den Ressourcen umgehen müssen, daher halte ich die Schuldenbremse für grundsätzlich richtig und habe in meinem politischen Wirken immer für die Schuldenbremse gewirkt. Doch es ist ebenso wenig gerecht, die Investitionen in die Zukunft von Kindern und Jugendlichen weiter zu verschieben, um einer strikten Schuldenbremse zu folgen, die uns in unserem Handeln einschränkt. Wir dürfen nicht zulassen, dass die heutige Generation von jungen Menschen einen Nachteil gegenüber denen hat, die vor ihr kamen und von besserer Infrastruktur profitierten.
Wir brauchen eine Schuldenbremse, die den Anforderungen der aktuellen Zeit gerecht wird und es uns erlaubt, in unsere Zukunft zu investieren, ohne dass wir in eine Schuldenfalle geraten. Diese Reform ist notwendig und zwar im Interesse unserer Kinder, unserer Familien und unserer gesamten Gesellschaft.
Ich appelliere an die politische Verantwortung auf allen Ebenen, insbesondere an die Verantwortung des Bundes, diese Veränderung herbeizuführen. Die aktuellen Bestrebungen im Bund sind richtig und ein wichtiger Schritt. Eine Lockerung der Schuldenbremse für unsere Verteidigung ist angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage absolut richtig, ist aber nur der halbe Weg, daher halte ich es für richtig, die Schuldenbremse auch für den Bereich Investitionen in Infrastruktur zu reformieren.
Nur gemeinsam können wir die Weichen für eine lebenswerte Zukunft stellen, in der auch die kommenden Generationen unter besseren Bedingungen aufwachsen können.
Patrick Burghardt
Oberbürgermeisters der Stadt Rüsselsheim am Main