WEISENAU – „Liederliches aus Wien“ lautete das Motto des Liederabends, den der Förderverein der Weisenauer Synagoge jetzt am Synagogenplatz veranstaltete. Anlass war das 30-jährige Bestehen des Vereins. Sopranistin Sabine Gramenz und Pianist Malte Kühn am tragbaren Piano gestalteten einen Wiener Lieder-Abend als Erzählkonzert mit Chansons und Kabarettliedern der jüdischen Komponisten Georg Kreisler und Hugo Wiener. Beide gehörten zu den bedeutendsten Humoristen Österreichs. An diesem besonderen Abend stellten sie eine Auswahl derer deutschsprachigen Chansons und Kabarettlieder vor.
Der Besuch lohnte sich nicht nur wegen des auserlesenen Programms, denn die Weisenauer Synagoge aus der Barockzeit ist die einzige Synagoge in Mainz, welche die NS-Zeit überdauert hat und das älteste noch erhaltene Bauwerk in Weisenau. Der frühere Ortsvorsteher Max Brückner hatte sich für Sanierungsarbeiten an der Synagoge eingesetzt. „Allerdings ist dies schon länger her und in der Zwischenzeit sind Wasserschäden aufgetreten“, erläuterte der aktuelle Ortsvorsteher Ralf Kehrein. Die Mitglieder des Fördervereins seien mit ihren Erhaltungsmaßnahmen gewachsen, aber auch gealtert. Es wäre daher sinnvoll, wenn jüngere Leute dem Verein beitreten würden. Das Grundstück wird regelmäßig vom Stadtteilhelfer sauber gemacht und gehört der Stadt Mainz. Die männlichen Konzertgäste durften übrigens eine Kippa tragen, da die Synagoge nicht nur Museum, sondern auch ein geweihtes Haus ist.
Die Erste Vorsitzende Dr. Anke Joisten-Pruschke begrüßte die vielen Gäste sowie besonders Monika Fuhr, die ehrenamtliche Beauftragte der Ministerpräsidentin für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen. Mit Titeln wie „Wenn im Prater wieder die Bäume blühen“ hat Georg Kreisler zugeschlagen. Der Kabarettist, Komponist und Sänger Georg Kreisler floh 1938, nach dem „Anschluss“ Österreichs, in die USA. Ob originell, entwaffnend einfach oder angenehm schauerlich, es wird in der Synagoge viel gegrinst, gelächelt. Mitte der 1950er-Jahre wurde der Komponist Georg Kreisler im deutschen Sprachraum durch Lieder wie „Tauben vergiften“ bekannt. Schwarzer Humor und herrlicher Wiener Schmäh, den man einfach mögen muss.
Pianist Malte Kühn führte humorig durch die Veranstaltung. Er sagte die einzelnen Stücke an und erzählte viel Hintergrundwissen. Der Musiker beherrscht sein Piano mit allen Raffinessen. Kein Wunder, hat er doch schon mit sechs Jahren Klavierunterricht genossen. Sängerin Sabine Gramenz absolvierte eine private klassische Gesangsausbildung, sie tritt als Sopranistin mit unterschiedlichen Programmen in verschiedenen Genres auf. In ihrem Gesang wurde an diesem Abend die Wiener Lebensfreude lebendig.
Mit ihren humorvollen Geschichten setzten beide Künstler dem Wien des 20. Jahrhunderts ein musikalisches Denkmal und trafen den Nerv des Publikums – etwa mit einem Stück, welches im Wiener Walzertakt vorgetragen wurde. Die Zuhörer spendeten nach jedem Stück lauten Zwischenapplaus. Es folgte ein Nachkriegslied, welches von Schönheit handelte. Die Sängerin ist ein regelrechtes Energiebündel bei ihren Vorträgen. Dabei will sie zwischendurch sogar ein Vampir sein. Es folgte ein trauriges Ehe-Lied „Vom Mäuschen bis zum Trampeltier“ von Georg Kreisler. Auch ein Cha-cha-cha-Lied gaben beide zum Besten. Mit den Worten „Schluss, aus!“ endete das letzte Stück.
Die Vorsitzende freute sich, dass die Gäste so zahlreich erschienen waren. Bei der allerletzten Zugabe sangen schließlich alle Gäste den Refrain voller Freude gemeinsam mit – das Ende eines gelungenen Konzertabends.
Autorin: Claudia Röhrich