GONSENHEIM – Der Heimat- und Geschichtsverein Gonsenheim hatte zu einer sehr informativen Veranstaltung mit Dr. Guido Faccani ins Gonsenheimer Rathaus eingeladen. Bei der aus archäologischer Sicht gesehen Mainzer Kirche mit dem wohl spannendsten Hintergrund handelt es sich um St. Johannis. Seit 2013 sind dort Archäologen zu Gange, seit 2016 unter fachkundiger Leitung von Dr. Guido Faccani.
Der promovierte Kunsthistoriker und Mittelalterarchäologe mit dem Schwerpunkt Kirchenarchäologie aus Basel hat sich mit einem 30-köpfigen Team des hochkomplexen und spannenden Projekts der Grabung in St. Johannis angenommen und die Forschung der Mainzer Kirchengeschichte meilenweit vorangetrieben. Er selbst bezeichnet diese Aufgabe als spannend und zugleich nervenaufreibend.
Alles begann 2013, als Bauarbeiter bei Sanierungsarbeiten zum Bau einer neuen Fußbodenheizung in der Kirche auf diverse Funde stießen. Somit war klar: Das ist ein Fall für Archäologen. 2013 bis 2015 waren die Landesarchäologie Rheinland-Pfalz und die Universität Heidelberg daran beteiligt, ab 2016 übernahm Dr. Guido Faccani die Forschungsleitung und immer mehr erstaunliche Funde kamen in St. Johannis zum Vorschein.

Nach einer kurzen Einführung in die Terminologie der Kirchenarchitektur erwartete das interessierte Publikum eine 90-minütige Spannungsreise durch die Geschichte des Alten Doms. Boden und Wände wurden schichtweise abgetragen, wodurch die Bauentwicklung sichtbar wurde. Als Faccani zum ersten Mal den Alten Dom betrat, lag das Bodenniveau 2,80 Meter höher als aktuell. Mit dem Abtragen der einzelnen Schichten war die Bauentwicklung gut zu ersehen: römische Profanbauten – Kathedrale – Stiftskirche – evangelische Gemeindekirche. Als Letzteres wird der Westchor noch heute genutzt und passt sich gut dem archäologischen Ambiente an.
Im 5. und 6. Jahrhundert wurde hier die erste Kathedrale errichtet. Während des 7. und 8. Jahrhunderts befand sich im Anschluss an die Kathedrale wahrscheinlich eine Taufanlage, was Forschungsergebnisse vermuten lassen. Die zehn mal zehn Meter große Krypta war die älteste Krypta von Mainz. 945 war die Ersterwähnung des Kathedralpatroziniums Martin, was rund 200 Jahre später zum Johannispatrozinium wurde.

Beim spektakulärsten Fund im Rahmen der gesamten Forschung in und um St. Johannis handelt es sich um den Sarkophag mit Erzbischof Erkanbald, der 2019 entdeckt wurde und großes Aufsehen in Mainz und Umgebung erregte. Nach aufwendigen Recherchen eines internationalen Forschungsteams steht die Identität des Erzbischofs mit fast 100-prozentiger Sicherheit fest. Erkanbald war Nachfolger von Erzbischof Willigis (975 bis 1011), der in St. Stephan beerdigt wurde. Er starb im Jahr 1021.
Die endgültige Weihe des heutigen Mainzer Doms nach dem Brand fand 1036 statt.
St. Johannis war Stiftskirche bis zum Einmarsch der Franzosen (1792) und wurde unter Napoleon säkularisiert und zum Materialdepot umfunktioniert. Seit 1831 beherbergt St. Johannis eine evangelische Kirchengemeinde. Ein Gang durch die Johanniskirche repräsentiert die Geschichte der Stadt über Jahrhunderte.
Elke Fauck