HAMÜ – Ein hochkarätiges Ensemble aus der Elbphilharmonie, ein ehemaliges Stadtoberhaupt, das geehrt wurde, und ein Abend voller Musik, festlicher Stimmung und kulinarischer Genüsse. All das fand am Samstagabend in fußläufiger Reichweite in HaMü statt. Wer nicht dabei war, hat wirklich etwas verpasst.
Mit beeindruckendem Tempo eröffnete die Hamburger Band „Mischpoke“ den vierstündigen Festivalabend in der Emmauskirche. Der Namenszusatz der Gruppe, „Klezmer High Life“, wies auf ihren musikalischen Schwerpunkt hin: Klezmer, die weltliche jüdische Musik, die ihre Wurzeln im 15. Jahrhundert hatte und bis heute weiterlebt. Am 14. Dezember begeisterte Mischpoke das Publikum als geschlossener Klangkörper voller Virtuosität und mitreißender Bühnenpräsenz.
Bereits im ersten Stück lieferten sich Klarinettistin Magdalena Abrams und Geigerin Cornelia Gottesleben ein fulminantes musikalisches Duell. Es folgte das Lied „Hey Chakoye“, das die Geschichte jüdischer Menschen erzählt, die in den 1920er-Jahren auf die Halbinsel Krim umgesiedelt wurden. Wie so oft in der Klezmer-Musik verband dieses Stück überbordende Lebensfreude mit melancholischer Tiefe, meisterhaft unterstrichen von Maria Winnitzki am Klavier.
Ein weiteres traditionelles Lied nahm mit einem Augenzwinkern die monotone Speisefolge von „Zuntik bis Freytik“ (Sonntag bis Freitag) aufs Korn: stets Kartoffeln, nur am Schabbat gibt es zur Abwechslung Kartoffelauflauf. Die kreative Bandbreite der Musiker und Musikerinnen zeigte sich auch in eigenen Kompositionen. So spielte Mischpoke ein Schlaflied, geschrieben von Abrams, das nur zu Beginn seiner Bezeichnung gerecht wurde, und ein pentatonisch inspiriertes Stück aus der Feder der abwesenden Kontrabassistin Maria Rothfuchs. Es erzählte die Geschichte von „Baba Charlie“, der vor langer Zeit auf Gleis fünf des Braunschweiger Bahnhofs ankam.
Nach über einer Stunde verabschiedete sich das Ensemble mit einem Medley, arrangiert von Gitarrist Frank Naruga, und einem Roma-Hochzeitslied, das von der Aufnahme einer Braut in ihre neue Familie, der Mischpoke erzählt.
Veranstaltet wurde das 30. Internationale Mainzer Weihnachtsfestival vom Verein „Freunde des Rhein-Main(z)-Festivals“. Dessen Gründer und Vorsitzender Harald Schmidt moderierte den Abend. Mit Dankesworten an Pfarrerin Jane Sautter, Kirchenvorständin Antje Wirth und sein Vorstandsteam leitete er zum nächsten Programmpunkt über.
„Prisma-vokal“ – der Chor der Kirchengemeinde – präsentierte unter Leitung von Susanne Singer ein abwechslungsreiches Repertoire: von mittelalterlichen Gesängen wie Gloria, Gaudens in Domino und Alta Trinita Beata, über barocke Werke von Praetorius und Bach bis hin zu Bruckners „Locus iste“. Alles wurde a cappella vorgetragen. Den Abschluss bildeten zeitgenössische Stücke mit Jazz-, Gospel- und Carol-Charakter, teils einfühlsam von Gunther Dilling am Klavier begleitet.
Ein besonderer Moment des Abends war die Ehrung von Michael Ebling. Der ehemalige Mainzer Oberbürgermeister und jetzige Innenminister las die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium. Für seine Schirmherrschaft des Festivals verlieh ihm Schmidt den „Mainzer Schutzengel“. Dieser Engel, so Schmidt, sei ein individuelles Symbol und stamme dieses Jahr aus dem Bernsteinmuseum in Nida, Litauen. Ata Delbasteh würdigte Ebling in einer Laudatio als „einen Schutzengel für uns“, der mit Ruhe und klarer Planung für Sicherheit der Gemeinschaft sorge.
Den Abschluss des Abends gestaltete das „Rhein Posaunen Consort“. Mit Alt-, Tenor- und Bassposaunen spielten sie weihnachtliche Weisen, die zum Mitsingen einluden. Unter Leitung von Simon Gößling beeindruckte das Quartett mit harmonischem Klang, mit Präzision und dynamischer Abwechselung. Das 30. Internationale Mainzer Weihnachtsfestival, das unter dem Leitgedanken „Versöhnung“ stand, endete stimmungsvoll. Gemeinsam sangen und musizierten die Anwesenden das jiddische Lied „Lomir sich iberbetn“: „Lasst uns wieder vertragen“.