KRIFTEL – „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“, soll Martin Luther einst gesagt haben. Und wenn nicht, so ist er doch gut erfunden und passt leider hervorragend in unsere Zeit. „Unser Wald ist in Gefahr“, warnt Juergen Mertz, Präsident des Zentralverbandes Gartenbau. Brände, Trockenheit, Borkenkäfer und dergleichen mehr setzten ihm sichtlich zu. Da sei jeder gesunde Baum mehr ein gutes Zeichen.
83 Millionen Bäume
Deswegen gibt es seit zwei Jahren das sogenannte „Einheitsbuddeln“ zum Tag der Deutschen Einheit. Die Idee hat ihren Ursprung in Schleswig-Holstein und breitet sich in diesem Jahr zum ersten Mal auch nach Hessen aus. Der Gedanke dahinter: Zu diesem Nationalfeiertag sollen möglichst viele Institutionen, vor allem aber möglichst viele Bürger, Bäume pflanzen.
Man stelle sich vor, am 3. Oktober würde jeder Mensch in Deutschland einen Baum pflanzen. Das wären stolze 83 Millionen. Jedes Jahr. Ein neuer Wald könnte entstehen. In alle Himmelsrichtungen. Für das Klima. Für uns und unsere Familien. Für unsere Zukunft.
Jeder Baum hilft
Jetzt wächst langsam eine Tradition heran, die dieses Jahr auch in Hessen Wurzeln schlägt und jetzt in Kriftel gestartet ist. Genauer gesagt am vergangenen Dienstag in der Weingartenschule (WGS). Geradezu hineingehauen in die vertrocknete Erde hatten verdiente Mitarbeiter unter Mitwirkung von Oliver Prusko, Geschäftsführer der Krifteler Traditionsgärtnerei Tropica, das Apfelbäumchen allerdings schon am Freitag davor. Das Buddeln mit den Offiziellen hätte sonst einfach zu lange gedauert. Dass ein Apfelbaum in den „Obstgarten des Vordertaunus“ besonders passe, war man sich einig. Noch dazu ein „Edelborsdorfer“, die älteste Sorte Deutschlands, bekannt seit 1175.
Über den neuen „Mitschüler“ gefreut hat sich nicht nur die versammelte Prominenz von Helmut Eigemann, Ministerialrat aus dem Landwirtschaftsministerium, Bürgermeister Christian Seitz, der Erste Beigeordnete Franz Jirasek, WGS-Direktorin Elke Wetterau-Bein und das Ehepaar May vom der Gärtnerei Tropica, „unserer Lieblingsgärtnerei“, so Seitz. Ebenfalls angetan waren der Präsident des Zentralverbandes Gartenbau, Jürgen Mertz, und der Vorsitzende des Landesverbandes Hessen im Bund deutscher Baumschulen, Hans-Günter Köhler. Auch die versammelte Klasse R7A samt Biologielehrerin Sarah Brase begrüßte erfreut den neuen Schützling.
„Die Aktion ist eine gute Sache“, erklärte Direktorin Wetterau-Bein, „jeder Baum mehr hilft“. Deswegen war sie auch spontan auf die Anfrage hin angetan von der Idee. Das passe: Hat doch die Schule schon länger einen begrünten Innenhof, das „Weingärtchen“.
Große Unterstützung
In ihrem Grußwort rief Umweltministerin Priska Hinz gleichgesinnte Vereine und Verbände dazu auf, sich in die Aktion miteinzubringen. Von der Politik und Verwaltung auf kommunaler und Landesebene erhoffe sie sich die Unterstützung der Baumpflanzaktion in Kriftel und an anderen Orten. „Und die wird kommen“, war sich Kriftels Bürgermeister Christian Seitz sicher und regte im Zuge dessen ein „Apfelbaumfest“ für die Weingartenschule an.
Das Ziel, für jeden Bürger unseres vereinten Deutschlands einen Baum zu pflanzen, sei natürlich nicht in einem Jahr zu schaffen. „Mittlerweile ist auch das Interesse der jüngeren Generation an den Baumschulen groß“, freute sich Hans-Günter Köhler. Das sei ein starkes Zeichen für die Zukunft, gerade jetzt, wo die Bäume verdursten.
Gegen den Klimawandel
Ein besonderes Signal geben wollen auch Silvia und Heiner May, die Besitzer der Traditionsgärtnerei Tropica, anlässlich der 30 Jahre Einheit. Sie haben sich etwas Besonderes einfallen lassen: Tropica bietet Kunden bis zum 2. Oktober eine beispielhafte Aktion an. Kunden können dort einen Obstbaum erwerben und dann im heimischen Garten einpflanzen. Für jeden dieser Einheitsbuddelei-Bäume werde dann zusätzlich ein Baum im Regenwald von Costa Rica als Wiederaufforstungsprojekt gepflanzt, erklärte May. So sei jeder ein „Kämpfer“ gegen den Klimawandel.
Bäume produzieren Sauerstoff, spenden Schatten, binden Kohlenstoffe und helfen damit, dem Klimawandel entgegenzuwirken. „Bäume sind zentraler Baustein des Ökosystems“, führte Ministerialrat Eigemann aus. An diesem herrlichen Spätsommertag waren sich jedenfalls alle Beteiligten einig: Bäume sind immens wichtig für uns. Manche umarmen sie sogar dafür.
Alexander van de Loo