Start Rheinhessen/Mainz Französische Europapolitik nach den Präsidentschaftswahlen Bodenheimer Europa-Tag im Rahmen der Europawoche

Französische Europapolitik nach den Präsidentschaftswahlen Bodenheimer Europa-Tag im Rahmen der Europawoche

Nach getaner Arbeit gönnt man sich ein Gläschen: Gerold Lang, Thomas Becker-Theilig, Dr. Otto Schmuck, Prof. Dr. Joachim Schild und Werner Schreiner (v. l.) - Foto: Ulrich Nilles

BODENHEIM – Es war ein denkwürdiger Abend mit hochkarätigen Beiträgen, der Europa-Tag in Bodenheim. Eingeladen hatte die Ortsgemeinde in Person von Ortsbürgermeister Thomas Becker-Theilig. Mitveranstalter war der Partnerschaftsausschuss Seurre-Bodenheim, vertreten durch Gerold Lang. Und die Europa-Union, Kreisverband Mainz-Bingen, deren frisch gewählter Präsident Dr. Otto Schmuck den Abend moderierte.

Gut 100 Gäste waren der Einladung in das Bürgerhaus Dolles gefolgt. Unter Ihnen Landrat a. D. Klaus Schick. In seiner Begrüßung betonte Becker-Theilig, dass es „trotz des Schwerpunkts Frankreich um eine gesamteuropäische Betrachtung geht.“ Dafür stehe die ukrainische Flagge hier als Zeichen der europäischen Solidarität.

Prof. Joachim Schild, Universität Trier, referierte im Anschluss zu den Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Anhand von Graphiken belegte er Bekanntes, etwa Umfragen drei Wochen vor der Wahl, die Beteiligung in beiden Wahlgängen, die Wählergruppen der Spitzenkandidaten und die Stadt-Land-Gunst der Wählerschaft für einen Kandidaten. Er ging auf die Dynamik ein, die Macron vor dem zweiten Wahlgang entfaltete genauso wie auf den Verzicht Le Pens auf ultranationale, europafeindliche Themen. Beide Kandidaten rückten die Kaufkraft in den Vordergrund ihres Werbens um die Wählerschaft. Weniger im Blick hat man in Deutschland den starken Rückgang ehemals führender Parteien wie der Gaullisten und der Sozialisten beim Kampf um das höchste Amt in Frankreich. Abschließend gab Schild einen Ausblick auf die Wahlen der Nationalversammlung in Paris im Juni 2022: „Präsident Macron benötigt eine unterstützende und stabile Mehrheit im Parlament, um seine politischen Perspektiven für das Land umsetzen zu können.“

Rheinland-Pfalz-bezogen wurde es bei dem Vortrag von Werner Schreiner. In seiner Eigenschaft als Beauftragter der Ministerpräsidentin für grenzüberschreitende Zusammenarbeit legte er seinen Schwerpunkt auf die Reaktivierung stillgelegter Strecken im Bahnverkehr. Im Verbund mit Baden-Württemberg und dem Saarland sollen sieben Linien zwischen Deutschland und Frankreich ihren Betrieb wieder aufnehmen. Diese Bundesländer werden dazu 30 Fahrzeuge mit der Bezeichnung „Régolis“ anmieten, die an sieben Tage der Woche im Stundentakt verkehren sollen. Dieses Projekt steht im Zusammenhang mit dem „Programm Interreg 2021-2027“ und wird finanziell vom „Europäischen Fond für regionale Entwicklung“ (EFRE) gefördert. Darüber hinaus sollen LokführerInnen für einen gemeinsamen Arbeitsmarkt ausgebildet werden, wobei die fehlende Zweisprachigkeit ein Hindernis darstellt. In toto funktioniere die transnationale Zusammenarbeit in Rheinland-Pfalz gut, etwa beim Schüleraustausch.

In der anschließenden Diskussions- und Fragerunde hatte der Präsident des Partnerschaftsausschusses Bodenheim-Seurre Gerold Lang die Gelegenheit, diesen vorzustellen. Nach ersten Begegnungen zu Anfang der Sechzigerjahre wurde sie 1969 offiziell besiegelt. Gelegentlich als Käseseminar belächelt, leistet der offene Kreis wertvolle Arbeit, um eine sehr aktive Partnerschaft zu gestalten. Je einmal im Jahr besucht eine Gruppe die andere an einem Wochenende, wobei die Gäste jeweils in Familien untergebracht sind. Ein Ausflugsprogramm, Reden und ein Gala Buffett sind ritualisierte Bestandteile des Samstags. Besonders erwähnenswert war der Austauschbesuch der „Schoppengarde“, des Blasorchesters, der Feuerwehr und der Fußballer. Auch das alljährliche Bodenheimer Boule-Turnier hat inzwischen Tradition. Lang verhehlte aber nicht, dass dem Kreis Nachwuchs in der Altersgruppe der 30 – 50-jährigen fehlt.

Vor, während und nach dem offiziellen Veranstaltungsteil sorgte das „Duo Damenwahl“ ergänzt durch die Chansonette Nadine Fez mit französischen Chansons für Unterhaltung.

Ulrich Nilles