GUNTERSBLUM – Das Highlight war sicher der Moment, als Frau Holle ihre Kissen geschüttelt hatte. Jedes Kind erhielt vor der Vorstellung ein Tütchen mit Federn und pustete diese durch den Saal, was für eine ausgelassene Stimmung sorgte. Insgesamt 160 Kinder sahen im Gemeindesaal der evangelischen Kirche in Guntersblum zwei fantastische Mitmach-Vorstellungen an.
Die Theateraufführung „Frau Holle“ entstand aus einem Wunsch. Irgendwann im Frühjahr habe es ein Gespräch gegeben, bei dem es darum ging, neue Impulse für die Vereinsarbeit zu finden und gleichzeitig jüngere Frauen anzusprechen, erzählt Dagmar Muth vom Landfrauenverband. „Eine Person gab zu bedenken, dass sich viele Familien mit mehreren Kindern einen Theaterbesuch vor Weihnachten nicht leisten können“, erinnert sich Muth. „Und so haben wir dann angefangen zu planen.”
Muth ist im Landfrauenverein in Guntersblum für die sogenannten „jungen Landfrauen“ zuständig. Seit 1970 bringt sich der Verein ehrenamtlich im Ort ein. „Aktuell haben wir 143 Landfrauen und zwei Landmänner”, ergänzt erste Vorsitzende Hilde von Seelen. „Unser Jahresprogramm bietet Kulturveranstaltungen, naturkundliche Unternehmungen, Gesundheits- und Ernährungsberatungen, Film- und Theateraufführungen, Lesungen, Vorträge, kreatives Gestalten, Ortsführungen sowie Bildungsfahrten an.“ Und jetzt auch das Mitmach-Theater.
Claudia Sohns, Leiterin einer anderen Erwachsenentheatergruppe, meisterte mit ihrer Flexibilität und zusammen mit den Darstellerinnen die Herausforderung, das Stück selbst umzuschreiben, bravourös. Kurzfristig übernahm sie zudem die Hauptrolle, als die ursprünglich vorgesehene Darstellerin krankheitsbedingt absagen musste. Auch bei der Gestaltung der Kostüme und Dekoration bewiesen die Landfrauen Einfallsreichtum. Die Kleider wurden teils gekauft und dann angepasst, während die Dekoration in Handarbeit entstand. „Die Damen haben schwer gebastelt“, berichtet Muth und zeigt sich dankbar, dass der Techniker zu einem wirklich günstigen Preis das Event begleitete. Er war nicht der Einzige, der finanziell – neben Spenden – der Verwirklichung auf die Beine half. Die Aufführung fand im Kirchensaal statt, der ebenfalls von der Kirche günstig zur Verfügung gestellt wurde.
Der Verein zeigte sich beeindruckt von der Resonanz. Ob weitere Aufführungen oder neue Projekte folgen, soll in Gesprächen aber erst geklärt werden.
So oder so steht die „Frau Holle“ aus Guntersblum exemplarisch für die Kreativität und den Zusammenhalt bei den Landfrauen: einen Verein, der modern interpretiert für Kinder und Familien zugänglich gemacht werden kann.
„Wir haben gezeigt, dass wir mehr können, als Kuchen zu backen“, schmunzelt Muth. „Die eine oder andere Mutter kam danach mit der Bemerkung, ach, das war ja toll und hat sich mal erkundigt, was die Landfrauen denn so machen.“ Eine bessere Werbung gibt es kaum. „Zumindest macht man sich bei Personen bekannter, die uns vielleicht so noch nicht auf dem Schirm hatten“, so Muth. Nämlich die jungen Mütter oder Mütter von Kindern in dem Kindergarten- und Grundschulalter. Was sie gemeinsam leisten können, hat das Mitmach-Theater deutlich gezeigt.
Gregor Starosczyk-Gerlach