Start Kultur Kleinod mit großer Geschichte Kulturdenkmal >>>Das evangelische Kirchlein in Mainz-Laubenheim

Kleinod mit großer Geschichte Kulturdenkmal >>>Das evangelische Kirchlein in Mainz-Laubenheim

Heute ist das Kirchlein eine Augenweide. Foto: Sabine Longerich

LAUBENHEIM – Es ist ein besonderer Ort – klein, heimelig und auch kuschelig warm. Mitten in Mainz-Laubenheim steht das evangelische Kirchlein, das mit seinem Motto „Ich bin mitten drin“ nicht nur geografisch, sondern auch im Herzen vieler Menschen seinen Platz gefunden hat. Bei der jüngsten Veranstaltung der Kultur- und Weinbotschafterin Claudia Stein, zusammen mit Friedhelm Kärcher, dem Vorsitzenden des Kirchen-Erhaltungsvereins, kamen 30 Interessierte zusammen, darunter auch der ehemalige Ortsvorsteher Gerhard Strottkötter. Sie lauschten den Erzählungen über die bewegte Geschichte dieser Kirche, die seit 1894 viele Höhen und Tiefen durchlebt hat.

1985 zeigte sich die Kirche in heruntergekommenem Zustand. Foto: Erhaltungsverein

Erbaut wurde das Kirchlein 1894 vom Gutsbesitzer Adolph Umber, der es 1905 der evangelischen Gemeinde schenkte. Seit Oktober 1895 dient es offiziell dem gottesdienstlichen Gebrauch. Seine architektonische Besonderheit: Es gibt keinen Vorraum – wer die Tür öffnet, steht sofort mitten im Raum. Über dem Altar hängt noch heute das Original-Kreuz. Die einstige Kanzel und die Sakristei wurden im Laufe der Jahre entfernt, das ursprüngliche Harmonium durch eine Orgel ersetzt, der in Kürze ein neues Modell folgen wird, dafür hat der Erhaltungsverein bereits gesorgt. Die Original-Glocke der Kirche hat eine besondere Geschichte: Während des Zweiten Weltkriegs verschwand sie wie so viele Glocken in Deutschland, tauchte aber 1949 auf Umwegen wieder in Laubenheim auf. Sie wurde 1995 durch eine neue Glocke ersetzt und dient seither als Zeitzeugnis im Kircheninneren.

Der Erhaltungsverein begann 1985 mit den Arbeiten am Vorplatz. Foto: Erhaltungsverein

Mit dem Bau des neuen evangelischen Gemeindezentrums auf der anderen Seite der Bahn im Jahr 1980 drohte dem Kirchlein das Aus. Doch einige engagierte Bürger konnten sich nicht damit abfinden. Anfang 1985 gründeten sie den „Verein zur Erhaltung der evangelischen Kirche zu Mainz-Laubenheim“. Sie fanden das Gebäude in einem desolaten Zustand vor: feuchte Wände, bröckelnder Putz, ein kaputtes Dach und ein verwilderter Vorplatz. Doch mit unermüdlichem Einsatz begann der Verein mit Renovierungsarbeiten – zunächst außen, dann auch innen. Der Vorplatz wurde neu gestaltet, die Glocke erneuert, das Dach gesichert. 1992 wurde das Kirchlein offiziell als Kulturdenkmal anerkannt.

Doch ein Denkmal zu erhalten bedeutet stetige Arbeit. Der Erhaltungsverein hat in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Maßnahmen umgesetzt: den Dachreiter erneuert, die Elektrik modernisiert, den alten Ölofen durch eine Elektroheizung ersetzt, nasse Wände trockengelegt und tragende Balken ausgetauscht. Eine besondere Herausforderung war die Stabilisierung der Decke – da das Dach des  Kirchleins ohne den heute üblichen Ringanker gebaut wurde, musste der Mittelbalken aufwendig mit Eisenschienen verstärkt werden. Zudem war der Holzwurm eine Gefahr für die historische Substanz.

Die Originalglocke ist seit 1949 wieder in Laubenheim. Foto: Sabine Longerich

Auch der Hinterhof wurde schließlich 1998 renoviert, und bis heute sind immer wieder Verschönerungs- und Erhaltungsarbeiten notwendig. Dennoch: Das Kirchlein lebt weiter, nicht nur als Denkmal, sondern als Ort der Gemeinschaft. Und das ist dem Erhaltungsverein zu verdanken, der inzwischen seit 40 Jahren besteht. Heute werden sowohl das Gemeindezentrum als auch das Kirchlein aktiv für Gottesdienste, Andachten, Feste und Begegnungen genutzt. Bei Platzmangel weicht die evangelische Gemeinde sogar in die katholische Kirche aus – ein schönes Zeichen der ökumenischen Zusammenarbeit.

Claudia Stein, die die Veranstaltung moderierte, sorgt als Kultur- und Weinbotschafterin für den Erhalt des kulturellen rheinhessischen Erbes. Als ehrenamtliche Expertin vermittelt sie Besuchern und Einheimischen Wissen über die Geschichte, den Weinbau und die Kultur der Region. Sie führt unter anderem Gäste durch die malerischen Weinlandschaften, erzählt spannende Geschichten zur Historie und hilft auf diese Weise, die vielen schönen rheinhessischen Kulturdenkmäler bei vielen Menschen bekannt zu machen.

Altar und Kreuz gehörten zur Originalausstattung. Foto: Sabine Longerich

Sie beendete ihren Vortrag über das Kirchlein mit der Einladung zum großen Jubiläumsfest, dem „Treffen am Kirchlein“ am 29. Juni ab 10 Uhr: „Wir haben gleich drei Jubiläen zu feiern, denn unser Kirchlein wird 130 Jahre alt, es wurde der Gemeinde vor 120 Jahren geschenkt und der Erhaltungsverein feiert seinen 40. Geburtstag.“ Zu diesem Anlass wird Pröpstin Henriette Crüwell um 10 Uhr den Jubiläumsgottesdienst halten. Natürlich wird auch eine Führung angeboten und für das leibliche Wohl ist bestens gesorgt. Wenn das keine guten Gründe zum Feiern sind!

Der Erhaltungsverein freut sich über Spenden, die die weiteren Arbeiten am Kirchlein sichern. Nähere Informationen gibt es unter www.evgemeinde-mzlaubenheim.de

 

Sabine Longerich