OBER-OLM – Der Heimatkreis Ober-Olm e.V. organisiert seit vielen Jahren einmal jährlich eine Ausstellung zu heimatkundlichen Themen. „Gastwirtschaften in Ober-Olm – eine Zeitreise“ lautete die Idee diesmal. Die Mehrzahl der Exponate konnten im ehemaligen Hühnerstall vom Krainerhof ausgestellt werden, andere in einem ehemaligen Kuhstall, der zu einer Wirtschaft im Retrolook umgebaut wurde. An sechs Stellwänden waren Kopien von alten Plänen, Fotos, Postkarten und Speisekarten fixiert. Diese wurden von den interessierten Bürgern eingehend studiert. Manche konnten sich an eine Darstellung erinnern und freuten sich darüber sehr. Es war auch fast der ganze Vorstand des Heimatkreises anwesend, der mit Rat und Tat den vielen interessierten Fragen der Besucher begegnete.
Ab Ende des 18. Jahrhunderts entstand der Gaststättentyp, wie wir ihn heutzutage kennen. Die Einrichtung nach dem individuellen Geschmack des Wirtes und seine regionalen Küchen- und Getränkespezialitäten wurden zu wichtigen Unterscheidungsmerkmalen für die Gäste. Aus einfachen Wirtsstuben erwuchs über die Jahrhunderte eine Vielfalt an Gastronomie-Betrieben, auch so in und um Ober-Olm.
Viele Bürger waren sich darin einig, dass Wirtshäuser, wie sie in der Umgangssprache heißen, im Leben unverzichtbar waren. Sie dienen der Kommunikation und verhindern eine Kargheit in unseren Orten. Zweifellos haben sich zu allen Zeiten die Gasthäuser für das leibliche Wohl ihrer Gäste gekümmert. Manchmal gab es nur eine Sorte Bier, vom sogenannten Dünnbier in schlechten Zeiten einmal abgesehen. Auch die Auswahl der alkoholfreien Getränke war oftmals schlicht.
Neben dem leiblichen Genuss der Gäste, erfüllen die Wirtshäuser bis heute weitere nützliche Funktionen: Sie stehen für eine Versammlungen und für Wahlen zur Verfügung, sind Orte zum Freundschaften schließen, bieten Platz für Stammtisch und Kartenspiel.
Ganze sieben Gastwirtschaften gibt es zurzeit in Ober-Olm, davon sind zwei Straußwirtschaften. Vor ein paar Jahrzehnten waren es noch mindestens doppelt so viele. Gaststätten sind bis heute wichtige kulturelle Errungenschaften.
Die Mitglieder des Heimatkreises unterlegten die Daten, zu dem jeweiligen Objekten, mit farbigem Papier, gelb bedeutete Gegenwart, für Häuser die es noch gibt und blau wurde für Häuser benutzt, die einmal existiert haben.
Am Beispiel der Landstraße am Wald hatten sich im Laufe der Zeit bis zu vier Gastwirtschaften angesiedelt. Bei der Restauration „Zum Ober-Olmer Forsthaus“, Am Wald handelt es sich um das ehemalige, 1764 erbaute Jagdschloss des Mainzer Erzbischofs und Kurfürsten E. J. von Breidenbach-Bürrersheim. Nach der Säkularisation durch Napoleon im Jahr 1803, dem Ende der Franzosenherrschaft und dem Wiener Kongress 1814/15 wurde das Jagdschloss Staatseigentum des Großherzogs von Hessen und ab 1816 als Großherzogliches Forsthaus genutzt.
Förster Schmaus richtete 1897 auf Drängen von Bauern, die um das Forsthaus ihre Äcker bestellten, zunächst ein Flaschenbierlager ein, dem noch im gleichen Jahr die Konzession einer Wirtschaft folgte. Danach hatten die Ehefrauen der Förster die Berechtigung zum Bier- und Wein-Ausschank sowie Aufschnitt von kalten Platten. Ganze Touristenscharen aus Mainz und den benachbarten Orten kamen hier zusammen, um sich an der würzigen Waldluft zu laben und Küche und Keller des Försters in Anspruch zu nehmen. 1947 erfolgte die Aufgabe der Konzession.
Der Ober-Olmer Wald war ein beliebter Ausflugsort. Für die Gäste gab es sogar eine Haltestelle für den Mainzer Stadtbus. Die ehemalige Gaststätte am Forsthaus und das „Restaurant am Ober-Olmer Wald“ (jetzt: „Ober-Olmer Wald-Gaststätte“) verpflegten an etlichen Tagen gemeinsam 700 bis über 1.000 Gäste. Zwischen den Wirten der beiden Gaststätten gab es einen Wettstreit und es kam immer wieder zu Streitigkeiten. Dies erst recht, als im Jahr 1929 ein zusätzliches Wirtslokal die „Kaffeewirtschaft“ von Franz Josef Metzler hinzukam. Die „Restauration am Jägerhaus“ Am Wald 4 änderte häufiger im Laufe der Geschichte seinen Namen, es wurde „Restaurant zum Ober-Olmer Wald“ genannt, wechselte zu „Ober-Olmer Waldgaststätte“, erhielt einen Zusatz „Ober-Olmer Waldgaststätte Ponyhof Weber“ um schlussendlich wieder „Ober-Olmer Waldgaststätte“ zu heißen. Es gab von 1900 bis heute sechs Betreiberwechsel. 1911 erfolgten der Anbau eines Gastraumes mit Terrasse und die Aufstockung des Wohnhauses.
Vieles was die Vereinsmitglieder über ihren Ort erfahren und zusammentragen bekommen sie von älteren Mitbürgern mitgeteilt.
Claudia Röhrich