RÜSSELSHEIM – Fiete hat in seinen ersten Lebensmonaten viel von seinem Vater gehabt. Denn jener Vater, Maik Landwehr, nahm eine Auszeit vom Berufsleben, um mehr Zeit mit seinem Sohn verbringen zu können. Elternzeit nennt sich dieser gesetzliche Anspruch für Arbeitnehmer, sich vor dem dritten Geburtstag des eigenen Kindes bis zu drei Jahre von der Arbeit freistellen zu lassen, unbezahlt, ein Stück weit ausgeglichen vom staatlichen Elterngeld (65 Prozent des Nettogehalts, maximal 1800 Euro, maximal 14 Monate für beide Elternteile).
Wie aber konnte eine Führungskraft wie Maik Landwehr, seit 2018 Bereichsleiter Digitaler Service und Prokurist, diesen Ausstieg mit seiner verantwortungsvollen Position im Unternehmen vereinbaren? „Einfach war es nicht“, sagt der aus Norddeutschland stammende Prokurist, der mittlerweile in der Pfalz lebt. „Nichtsdestotrotz habe ich insgesamt vier Monate Elternzeit genommen, verteilt über mehrere Zeiträume.“
In diesem Jahr etwa musste sein Arbeitgeber elfeinhalb Wochen auf ihn verzichten. Diese Zeit nutzten Maik Landwehr, seine Frau Miriam und Sohn Fiete, um mit dem Camper durch Neuseeland zu reisen. Denn die Elternzeit kann man auch im Ausland verbringen, und die Landwehrs gehen leidenschaftlich gerne auf Reisen. „Es ist großartig diese unwiederbringliche erste Zeit mit Kind gemeinsam als Familie erleben zu dürfen“, berichtet Landwehr. Es gab viele Erlebnisse und Eindrücke, an die sie immer gerne zurückdenken.
Die Möglichkeit, für eine begrenzte Dauer aus dem Berufsleben auszusteigen, haben vor Maik Landwehr bereits andere Mitarbeiter der Stadtwerke Rüsselsheim genutzt. Aber der Wirtschaftsingenieur, der am Karlsruher Institut für Technologie mit den Schwerpunkten Energiewirtschaft und Informationstechnologie studiert hat, ist die erste Führungskraft.
Die Gesamtdauer der Elternzeit muss – abweichend von der gesetzlichen Regelung – mit den Stadtwerken nicht gleich bei der Beantragung festgelegt, sondern kann flexibel gehandhabt werden. Eine für die Flexibilität der jungen Familie sehr vorteilhafte Regelung, wie Landwehr sagt: „Wir konnten da ein bisschen auf Sicht fahren.“
Einen Plan, wie es weiterging, benötigten natürlich auch die Stadtwerke. In der Zeit von Landwehrs Abwesenheit vertrat ihn Andreas Jahn, Experte für IT-Security und Projektmanagement sowie stellvertretender Bereichsleiter. Hier zeigte sich der Vorteil der aufgebauten, modernen Teamstrukturmit klarer Aufgabenverteilung, in der jeder weiß, was zu tun hat. Somit lief der Bereich Digitaler Service problemlos weiter. „Das war die Übereinkunft, die ich mit dem Geschäftsführer hatte“, berichtet Maik Landwehr. Grundsätzlich hat er in seiner Funktion viele Aufgaben. Im Fokus seiner Tätigkeit liegt die wirtschaftliche und strategische Betrachtung der Digitalisierung in der Energiewirtschaft mit all ihren Facetten.
Nur ein einziges Mal hat er während seiner Auszeit beruflich telefonieren müssen, weil es eine dringend zu klärende Frage gegeben habe: „Da musste ich kurz eine Einschätzung zu einer Situation geben. Aber ansonsten waren all diese Wochen komplett ohne Stadtwerkebezug.“
Dass die Vertretung geklappt hat, stellte er bei seiner Rückkehr an den Arbeitsplatz fest. Seine fast vollständig abgearbeitete Aufgabenliste, die er beim Abschied in die Elternzeit hinterlassen hatte, war zwar etwas länger geworden. „Aber sie hatte sich nicht exorbitant gefüllt“, erzählt Landwehr.
Nebenberuflich arbeitet er derzeit an seiner Doktorarbeit zum Thema zellulares Energiesystem im urbanen Bereich, um dadurch einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Es geht dabei um das Zusammenwirken von verschiedenen regenerativen Energiequellen in einer so genannten Zelle, etwa einem Haus oder einem ganzen Wohnquartier wie es in Rüsselsheim das „Quartier der Zukunft“ war. Da es künftig nicht mehr den großen zentralen Energieerzeuger wie beispielsweise ein Großkraftwerk gibt, sondern Strom und Wärme in vielen kleinen Anlagen (etwa Photovoltaik und Windkraft) dezentral erzeugt werden, braucht es ein Energiezellenmanagement: Damit ist regenerative Energie zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar.
Maik Landwehrs Freizeit gehört der Familie. Außerdem ist er ein passionierter Läufer – mittlerweile natürlich mit Fiete, den er im Buggy vor sich herschiebt. Auf Strecken bis zur Halbmarathon-Distanz, also gut 21 Kilometer, fühlen sich Vater und Sohn wohl.
Jürgen Gelis
Stadtwerke Rüsselsheim GmbH