GAU-ALGESHEIM – Wie tickt ein „richtiger Mann“? Wofür hält er sich, mit welchem Blick schaut er auf das andere Geschlecht und die Mitmenschen, was fühlt er dabei? Schafft er überhaupt in seinem Inneren einen Platz für Gefühle? Die Antworten auf solche Fragen gibt die Ausstellung zu Männlichkeitsbildern, die noch bis 30. Dezember im Rathaus der Verbandsgemeinde (VG) Gau-Algesheim zu sehen ist.
Sie lässt die Männer selbst zu Wort kommen. Die Antworten ähneln Sentenzen und hängen neben den großformatigen Selbstporträts der Sprecher. „Ein ,richtiger Mann‘ ist für mich nichts weiter als ein richtiger Mensch: mit Gefühlen und Ängsten, mit Unsicherheiten und Belastungsgrenzen“, sagt beispielsweise Gerhard Trabert. Der Satz hängt auf einem Zettel neben dem Foto des Mediziners, der zu den bekannteren Persönlichkeiten aus der Region gehört und der Ausstellung sein Gesicht leiht. Als Gründer des Vereins „Armut und Gesundheit in Deutschland“ kümmert sich Trabert im Winter mit seinem Arztmobil um obdachlose Personen.
Die Bilder, die im Erdgeschoss und im ersten Stock der Verwaltung hängen, provozieren bisweilen, weil sie ein Tabu-Thema treffen, das hierzulande vielleicht in einer abgeschwächten Form aber dennoch immer noch in den Köpfen herumgeistert.
Die Ausstellung holte Gisela Samstag nach Gau-Algesheim. Als Gleichstellungsbeauftragte der VG, kann Samstag davon einiges berichten. In ihrer Funktion werde sie mit vergleichbaren Geständnissen der Männer konfrontiert, die von unbequemen Rollen sprechen, die sie übernehmen, obwohl sie sie eigentlich nicht spielen wollen, sagt Samstag. „Männer dürfen nicht weinen und sonst auch keine weichen Gefühle zeigen“, auch solche unzeitgemäßen Sätze erreichen in Gesprächen bisweilen ihr Ohr.
Genau betrachtet, legt die Ausstellung zu patriarchalischen Männerbildern den Finger in die Wunde der falsch verstandenen Dominanz. Unter ihrem Titel: „Was männlich ist, entscheidest Du. Jeden Tag“ bietet die Schau, die in Kooperation mit dem Frauennotruf Mainz und der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Ingelheim während der Öffnungszeiten der VG-Verwaltung zu sehen ist, glücklicherweise Auswege an. Statt als das Gehabe einer Männlichkeit, die nur dann sich selbst wahrnimmt, wenn sie über andere bestimmen kann, regen die Antworten zu Selbstreflexion an.
Auszeichnung: Ausstellungsinitiatorin Gisela Samstag wurde vor Kurzem mit der Ehrennadel des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet. Seit 2009 engagiert sich Samstag als Gleichstellungsbeauftragte in der VG Gau-Algesheim. Außerdem ist sie im Vorstand des Malteser Hospizvereins in Bingen aktiv und bietet als zertifizierte Gedächtnistrainerin Trainingseinheiten an. Anfang des Jahres hat Samstag zudem einen Sitz im Gemeinderat von Bubenheim übernommen.
Gregor Starosczyk-Gerlach
