HECHTSHEIM – „Was macht eigentlich…“ lautet der Titel einer Gesprächsrunde des Vereins Hechtsheimer Ortsgeschichte mit Hechtsheimer Prominenten, die in regelmäßigen Abständen im Christophorus-Hof stattfindet. Diesmal zu Gast: die beiden früheren Hechtsheimer Pfarrer Michael Bartmann und Dr. Gerhard Dietrich. Bartmann war von 2007 bis 2018 für die katholische Kirchengemeinde zuständig, Dr. Dietrich von 1984 bis 2010 für die evangelische Kirchengemeinde. Das Interesse an dieser Runde war erneut riesig: Mehr als 200 Gäste sorgten für einen proppenvollen Christophorus-Hof.
„Wir freuen uns über Ihr riesengroßes Interesse“, sagte Dieter Gerlich, Vorstandsmitglied im Verein Hechtsheimer Ortsgeschichte, zur Begrüßung. „Wir haben hier zwei Generationen von Geistlichen.“ Die Moderation übernahmen Heribert Kron von der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) in Hechtsheim und Annette Meschkat von der evangelischen Kirchengemeinde, die sich im ökumenischen Arbeitskreis engagiert.
Beide Geistliche erinnerten sich an ihre Anfänge im Ort. „Geh’ nach Hechtsheim!“, hieß es 2007 für Pfarrer Bartmann. „Ich will da nicht hin!“, so die erste Reaktion des Pfarrers, der ergänzte: „Es war das Elend schlechthin!“ Nach dem Aufschrei im Christophorus-Hof sagte er augenzwinkernd: „Nein, es war das Schönste, was mir passieren konnte.“ Das Pfarrhaus sei zu dieser Zeit renoviert worden. „Aber ich habe auch gerne im Schwesternhaus gelebt.“ Dr. Dietrich erinnerte sich an seine Anfänge als Mainzer Student 1981 mit einem kleinen Zimmer unter dem Dach in der Falkensteiner Straße im Ortskern. Nach seiner Einführung als Pfarrer bekam er drei Einladungen von Hechtsheimer Weingütern. „Der Wein spielt hier in Hechtsheim eine große Rolle. Diese Weinkultur hat einen besonderen Flow.“
Heribert Kron lobte Pfarrer Bartmann, der nun im hessischen Lorsch tätig ist. „Sie waren mitten bei den Menschen. Das haben die Hechtsheimer ganz toll gefunden.“ Bartmann antwortete: „Für mich war Pfarrer sein immer, bei den Menschen zu sein.“ Und erneut augenzwinkernd mit Entertainer-Qualitäten: „Jedes Geschäft kennt mich hier, ich habe viel Geld hier gelassen. Nicht aus meinem Kollekten-Beutel, sondern aus meinem Geldbeutel.“ Zwei Jubiläen fielen in seine Amtszeit: das der Kirchengemeinde und das Ortsjubiläum. Besonders in Erinnerung blieb Bartmann aus dieser Zeit ein Schauspiel mit der damaligen Ortsvorsteherin Ursula Groden-Kranich: „Diese musste sich vor mir hinknien und mir die Hand küssen. Das war der schönste Moment.“ 2011 fand dann der 1. große Hechtsheimer Kirchentag statt. Bartmann: „Wir wollten einen Kirchentag machen, der offen ist für alle mit christlichen Themen. Das ist uns gelungen.“
Der frühere evangelische Pfarrer Dr. Dietrich erinnerte sich an das 1984 ins Leben gerufene Spendenprojekt Glockenturm. „Der evangelischen Gemeinde ging es nicht gut in dieser Zeit. Nach eineinhalb Jahren läuteten die Glocken – das war schon was.“ Später kam dann noch die neue Orgel hinzu. Zwei besondere ökumenische Aktionen wurden im Ort initiiert: „Hechtsheim schreibt die Bibel“ mit 800 Beteiligten sowie zehn Jahre später „Hechtsheim liest die Bibel“. Dr. Dietrich: „Solche Unternehmungen waren möglich mit Pfarrer Karl-Hans Keil. Ich habe ihn sehr geschätzt, er war ein aufrechter ökumenischer Partner.“
Pfarrer Bartmann erinnerte sich an ein besonderes Oktoberfest, wo er unter seiner Kleidung als Geistlicher Lederhosen trug und diese dann präsentierte. „Es geht darum, Menschen zusammenzuführen und aus ihrer Einsamkeit herauszuholen“, betonte er. Besonders in Erinnerung sind ihm auch zwei Rosenmontagszüge, bei denen er als Feldkaplan der Hechtsheimer Dragoner in einer Kutsche mitfuhr. „Das war ein besonderes Erlebnis.“ Reisen sind ein Steckenpferd von Pfarrer Bartmann, etwa nach Rom. „Ich bin jedes Jahr dreimal oder viermal dort, es ist meine Lieblingsstadt.“ Die zahlreichen Gäste im Christophorus-Hof erfuhren viel Hintergründiges und fühlten sich bestens informiert.
Oliver Gehrig