
NACKENHEIM – „Das ist unser letztes Weinfest“, sagt Achim Ramler. In der Stimme des Vorsitzenden im Vorstand des Heimat- und Kulturvereins Nackenheim (HKV) klingen Wehmut, aber auch klare Entschlossenheit an. Im Herbst dieses Jahres will sich die bisherige Führungsriege zurückziehen. Von den sieben Vorstandsmitgliedern werden drei definitiv ausscheiden, kündigt Ramler an.
Es sind neben ihm auch Stellvertreter Christian Lorch sowie Geschäftsführer und Schatzmeister Andreas Jakob. „Ich werde nächsten Monat 68. Wenn ich mich im November nochmal wählen lasse, wäre ich 71. Irgendwann brauche ich auch mal Zeit für mich, meine Frau und meine drei Enkelkinder“, sagt der Vereinschef. Der personelle Umbruch kommt also, daran lassen die drei Herren keine Zweifel aufkommen.
Was sie den Nachfolgern hinterlassen, kann sich sehen lassen. Zumindest schaut das Vorstandstrio durchaus zufrieden zurück: „Wir haben das Weinfest professionalisiert. Was wir daraus gemacht haben, ist der Wahnsinn“, ergänzen Lorch und Jakob. Das sei nicht immer leicht gewesen. Mit einem Augenzwinkern wird der Satz hinzugefügt: „Wenn wir zart besaitet wären, hätten wir längst hingeschmissen.“ Der sprichwörtliche breite Rücken ist in dem ehrenamtlichen Job eine Tugend und zugleich eine der Bewerbungsanforderungen an die Nachfolger.
Denn in den vergangenen zehn Jahren hat sich der Aufwand bei der Vorbereitung des Weinfestes vervielfacht. Die Bürokratie nimmt reichlich Platz im Vereinsleben ein. „Früher haben wir Verträge und Sicherheitskonzepte mit 20 Seiten verschickt – heute sind es 65 bis 70 Seiten, mit sieben bis acht Anlagen.“ Wer nicht selbst aus Verwaltung oder Verbandsgemeinde komme, könne das kaum stemmen: „Und dann entsteht Stress – mit Teilnehmern, mit Sponsoren, mit dem Zeitplan.“
Trotz Unterstützung durch die Ortsgemeinde – speziell beim Sicherheitskonzept – wird die organisatorische Last zur echten Herausforderung: „Wir gönnen uns vier Wochen Pause nach dem Fest – und dann geht’s direkt wieder los“, erzählt Jakob. „Banner, Flyer, Musiker, Security, Sponsoren: Das ist alles auf Kante genäht.“ Auch die wachsenden Kosten sorgen für Druck. „Künstler, Security, Feuerwerk – das ist alles teurer geworden. Zum Glück hält sich’s die Waage, aber das geht nur durch Sponsoring.“
Neben dem Weinfest kümmert sich der Verein mit 120 Mitgliedern um das örtliche Heimatmuseum, organisiert den Zwibbelkuche-Wandertag mit, unterhält die Alte Mistkaut und fördert finanziell die Vereine in der Gemeinde.
Die spannende Frage bleibt: Was macht nun die Nackenheimer Community mit der Abschiedsankündigung? Die Aussicht auf Nachfolger ist derzeit düster. Im Gespräch mit Journal LOKAL ist die Skepsis echt: Die Bewerber für die Posten stehen nicht Schlange. „Wir haben das vor drei Jahren schon angekündigt, aber keiner glaubt, dass wir wirklich aufhören.“ Als würde der Vorhang wackeln – doch niemand an das letzte Bild glauben.
Die Entscheidung fällt bei der Mitgliederversammlung im Herbst. „Vielleicht kommt jemand aus dem Versteck, wie bei der letzten Wahl – aber ich sehe das im Moment nicht“, sagt Ramler. Natürlich würden die drei Herren den potenziellen Nachfolgern mit Rat und Tat zur Seite stehen. Die Unterstützung beim Übergang, so betonen sie, sei durchaus denkbar. Aber: „Wenn wir Unterstützung geben, können wir ja auch gleich weitermachen. Vielleicht fasst also jemand dann doch den Mut – und macht’s auf seine Weise weiter.“
Trotz aller Rückzugspläne soll das Weinfest 2025 indes ein voller Erfolg und keine Trauerveranstaltung werden. Kurzum: ein würdiger Abschluss der aktuellen Amtszeit. „Wir bringen nochmal alles auf den Punkt, was wir in zehn Jahren aufgebaut haben. Wir machen das gerne – mit Herzblut, bis zur letzten Minute.“
Los geht es am Mittwoch, 16. Juli, mit der traditionellen Weinprobe in der Mistkaut. Das Weinfest selbst findet von Freitag, 18. bis Montag, 21. Juli, statt und zieht sich entlang der Weinbergstraße – vom Weingut Gunderloch bis zum Forum Vinum. Für Besucher gibt es einiges zu entdecken: „Zur Eröffnung gibt’s Überraschungen – mehr dürfen wir noch nicht verraten.“