Start Mainz Der nächste Schritt … 4. Reinigungsstufe: Genehmigungsverfahren für Wasser-Elektrolyse beginnt

Der nächste Schritt … 4. Reinigungsstufe: Genehmigungsverfahren für Wasser-Elektrolyse beginnt

Die Mainzer Kläranlage - Foto: Wirtschaftsbetrieb Mainz

MAINZ – Die Finanzierung ist gesichert. Machbarkeit und rechtliche Fragen sind geklärt und der Stadtrat hat grünes Licht gegeben: Der Weg für die vierte Reinigungsstufe des Mainzer Klärwerks ist klar vorgezeichnet. 2026 soll die Anlage in Betrieb gehen. Es ist also noch ein gutes Stück zurückzulegen. Da trifft es sich gut, dass jetzt der nächste Schritt gemacht und die Genehmigungsunterlagen für den Bau der Wasser-Elektrolyse eingereicht werden konnten.
„Nach der erfolgreichen Umweltverträglichkeitsvorprüfung geht es also sofort weiter“, freut sich die Vorstandsvorsitzende Jeanette Wetterling. „Das zeigt: Wir sind auf Kurs.“ Der führt jetzt weiter in Richtung Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, die über den Antrag entscheiden wird.
Diesen Zeitpunkt möchte der Wirtschaftsbetrieb Mainz gerne noch einmal nutzen und den Weg der Projektumsetzung transparent begleiten. „Wir möchten die Bürgerinnen und Bürger abholen, sie mitnehmen, informieren und stehen jeder Zeit für Rückfragen zur Verfügung.“ Denn die Elektrolyse ist nicht nur ein wichtiger Baustein der vierten Reinigungsstufe, „sie trägt darüber hinaus auch zur Energiewende bei“, so die Firmenchefin weiter.

Ansprechpartner: Herbert Hochgürtel, Leiter Zukunftstechnologien, Wirtschaftsbetrieb Mainz, Tel. 06131 97 15 211
Email: herbert.hochguertel@stadt.mainz.de

Wer es genauer wissen will
Eine Wasser-Elektrolyse ist eine Anlage die aus Wasser (H2O) unter Verwendung von Gleichstrom an der Anode (+) Sauerstoff (O2) und an der Kathode (-) Wasserstoff (H2) entstehen lässt. Der für die Elektrolyse benötigte Strom stammt zur Hälfte von regenerativem Überschussstrom des Zentralklärwerks und zur anderen Hälfte aus Sekundärregelleistung, das heißt Überschussstrom aus dem Mittelspannungsnetz, von Windrädern oder großen PV Anlagen die bei Netzüberlastung abgeschaltet werden müssten. Eine solche Fahrweise einer Elektrolyse nennt man energiewendedienlich. Es entsteht grüner Sauerstoff für die Abwasserreinigung und ab 2026 für die 4. Reinigungsstufe und als Nebenprodukt grüner Wasserstoff der in entsprechenden Tanks zur weiter Verwendung gespeichert werden kann („Power to Gas“). Das Zentralklärwerk kann sich mittlerweile bilanziell über das Jahr gesehen fast selbst mit regenerativem Strom aus Klärgas-BHKW ́s und PV-Anlagen versorgen. Nach der Inbetriebnahme der Klärschlammverbrennung (das ist der Plan) ist zusätzlicher Strom für die in Planung befindliche Elektrolyse und später für die 4. Reinigungsstufe vorhanden.

Eine Kläranlage verbraucht wetter- und tageszeitabhängig jeden Tag unterschiedliche Mengen an Strom. Die Erzeugung von Strom im Zentralklärwerk dagegen ist recht stabil, somit entsteht zeitweise Überschussstrom der dann für eine Wasserelektrolyse zur Erzeugung von Sauerstoff und Wasserstoff genutzt werden kann. Die geplante Elektrolyse mit einer Leistung von 1,25 MW als Containeranlage soll bei etwa 3.500 Volllaststunden (das ist energiewendedienlich) den Sauerstoffbedarf von ca. 600 Tonnen pro Jahr für das Zentralklärwerk liefern. Hierbei werden ca. 75 Tonnen grüner Wasserstoff erzeugt.
Dieser Wasserstoff wird in zwei Tanks mit je 150 kg Fassungsvermögen bei variablem Druck zwischen 10 und 30 Bar auf dem Zentralklärwerkgelände gespeichert und kann dann von dort über zwei Wege vermarktet werden. Parallel zu Genehmigungsplanung wurde in enger Zusammenarbeit mit der SGD und einem Umweltgutachter eine Umweltverträglichkeitsvorprüfung durchgeführt, die auf keine Umweltbelastungen schließen lässt. Eine Elektrolyse benötigt nur Strom und gereinigtes Wasser, der Betrieb ist außerhalb der Container kaum wahrnehmbar. Es entstehen keine Emissionen. Es existiert kein erhöhtes Brand- oder Explosionsrisiko und bei der Lagerung von max. 300 kg Wasserstoff unterliegt diese Anlage auch nicht der Störfallverordnung.

Schon während der Studie zur 4. Reinigungsstufe „ARRIVED“ zeigte sich GreenPlanet Energy e.G. bereit, dem Wirtschaftsbetrieb eine Menge von jährlich 30 Tonnen abzukaufen, sobald dieser den grünen Wasserstoff in das Erdgashochdrucknetz der Mainzer Stadtwerke eingespeist hat. Der Antrag auf ein Netzanschlussbegehren bei den Mainzer Netzen ist gestellt und ein Wasserstoffabnahmevertrag mit GreenPlanet Energy e.G. ist zwischenzeitlich abgeschlossen. Die restlichen 45 Tonnen pro Jahr sollen dann an einer öffentlichen Wasserstoff-Tankstelle auf dem Zentralklärwerkgelände vermarktet werden.
H2-Mobility GmbH&Co.KG wird Anfang 2022 hierfür einen Förderantrag stellen. Sollte dieser Förderantrag erfolgreich sein, so würde von H2-Mobility im Einfahrtbereich des Zentralklärwerks 2023 die erste Mainzer Wasserstoff-Tankstelle errichtet und auch betrieben. Mit 45 Tonnen Wasserstoff im Jahr könnten z.B. ca. 20 Wasserstoff-Müllfahrzeuge oder 12 Wasserstoffbusse ein Jahr lang betankt werden. Oder es könnten ca. 6 Mio. KM pro Jahr in Wasserstoff-Pkws zurückgelegt werden.
Die Erstmengen an Wasserstoff für die Tankstelle bis zur Inbetriebnahme der Zentralklärwerk eigenen Elektrolyse 2024 bzw. spätere Auffüllmengen an grünem Wasserstoff für die Tankstelle bei guter Auslastung (bis zu 130 Tonnen pro Jahr bis 2030) mit etwa 30 Wasserstoffbussen der Mainzer Mobilität würden von den Elektrolysen, des Energieparks Hechtsheim (Mainzer Stadtwerke) geliefert werden. Eine Interkommunale Zusammenarbeit.
Ein weiteres zukunftsorientiertes nachhaltiges Leuchtturmprojekt für Mainz, das gleich drei Sektoren – Wasser, Energie und Mobilität – koppelt.

Hintergrund: 4. Reinigungsstufe
Darunter versteht man eine technische Ergänzung bereits bestehender Klärwerke. Mit ihrer Hilfe können Spurenstoffe, also kleinste Schadstoffe, wie Arzneimittelrückstände, Hormone, Mikroplastik, aber auch multiresistente Keime besser aus dem Abwasser entfernt werden. Anlagen, die bereits mit einer vierten Reinigungsstufe ausgestattet sind, haben entweder auf Aktivkohle oder Ozonung gesetzt. Die Studie der TU Kaiserslautern hatte unter anderem festgestellt, dass in Mainz beide Verfahren gemeinsam angewendet werden können. Dadurch können deren jeweilige Vorteile kombiniert und so die Reinigungsleistung optimiert werden.
Auch die Idee, den Energieverbrauch einer solchen Anlage so gering, so effizient und so günstig, wie möglich zu gestalten, ist machbar, sagen die Wissenschaftler. Konkret geht es dabei unter anderem um Speicherpotentiale, Bezugsquellen und den idealen Energiemix. Dabei soll vor allem auf regenerative Quellen gesetzt werden.

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