RAUNHEIM-RÜSSELSHEIM – Der Städteservice erhielt am vergangenen Mittwoch Besuch von der Bundestagsabgeordneten Melanie Wegling (SPD). Die Abgeordnete für den Kreis Groß-Gerau verschaffte sich vor Ort einen persönlichen Eindruck von der Arbeit sowie den Herausforderungen des Betriebs. Im Rahmen einer Tour mit der Müllabfuhr packte sie zudem selbst mit an und ließ sich die Abläufe und Schwierigkeiten erklären, mit denen Müllwerker und -Fahrer sich in ihrem Berufsalltag konfrontiert sehen. Enge Straßen, schwer beladene Tonnen, Zeitdruck und Bürger, die schnell die Geduld verlieren, wenn das Müllauto beim Leeren der Tonnen die Straße blockiert, sind nur einige von ihnen.
Besonders beeindruckt zeigte sich Wegling vom Führen des Müllfahrzeugs: „Ich habe großen Respekt davor, wie viel Aufmerksamkeit in alle Himmelsrichtungen nötig ist, um das Fahrzeug zu steuern, alles rundherum im Blick zu behalten und gleichzeitig mit den Kollegen hinten am Fahrzeug zu interagieren – und das alles unter Zeitdruck.“ In der mit modernster Technik und zahlreichen Knöpfen ausgestatteten Fahrerkabine habe sie sich beinahe gefühlt wie in einem Flugzeugcockpit.
„Wir freuen uns über den Besuch von Frau Wegling und ihr Interesse an der guten und wichtigen Arbeit, die hier tagtäglich geleistet wird“, sagte Städteservice-Vorstand Andreas Lier im Rahmen eines anschließenden Unternehmensgesprächs. „Viel zu oft wird der Einsatz der Kolleginnen und Kollegen der Müllabfuhr, der Kanalreinigung und vieler weiterer Berufsgruppen im Bereich der Daseinsfürsorge übersehen oder als Selbstverständlichkeit betrachtet.“
Hier fehle es an öffentlicher Wertschätzung, so Lier weiter. „Dabei wäre unser gewohnter Alltag ohne die Anstrengungen der Kolleginnen und Kollegen in diesen herausfordernden und oft undankbaren Berufen gar nicht möglich.“ Als Beispiele nannte er Beschwerden aus der Bevölkerung, die sich auf Missstände bezögen, für welche der Städteservice gar nicht verantwortlich sei, sowie aggressives Verhalten gegenüber Beschäftigten, die lediglich ihren Job machten.
Auch die finanzielle Wertschätzung sei ein entscheidendes Thema, so Lier. „Mir ist völlig unverständlich, wie es sein kann, dass Beschäftigte nach 45 Dienstjahren zu mir kommen und mich bitten, weiterarbeiten zu dürfen, weil ihre Rente trotz Zusatzversorgung im Öffentlichen Dienst nicht ausreicht“, so Lier. „Als Sozialstaat ist es unsere Aufgabe, für Menschen, die ihr Leben lang geschuftet haben, mehr Verantwortung zu übernehmen. Hier sehe ich die Bundesregierung in der Pflicht.“
Wegling ging daraufhin auf die ungleiche Verteilung von Vermögen in der Bundesrepublik ein und bezeichnete es als „absurde Ungerechtigkeit“, dass Vermögen in Deutschland niedriger besteuert würden als Einkommen. Beim Versuch, diese Debatte zu führen, stoße sie jedoch immer wieder auf starke Widerstände.
Weitere Themen des Besuchs waren unter anderem Unfallgefahren und psychische Belastung bei der Müllabfuhr, Strategien der Mitarbeitergewinnung sowie eine mangelnde Investitionssicherheit für Unternehmen. Auch auf die Problematik der in zunehmendem Maße achtlos in der Natur oder am Wegesrand entsorgten Lachgaskartuschen ging Lier ein. Diese dürfe der Städteservice zwar einsammeln, aber nicht entsorgen, was zu hohen Kosten für den Steuerzahler führe.
Im Anschluss zeigten sich beide Seiten sehr zufrieden mit dem angeregten Austausch und den wechselseitigen Einblicken in die jeweiligen Tätigkeitsfelder. „Für meine Arbeit in Berlin sind solche Praxisbeispiele bereichernd“, sagte Melanie Wegling. „Sie helfen, den Blick zu schärfen, und geben mir wertvolle neue Perspektiven.“
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