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Städtepartnerschaften sind Brücken der Völkerverständigung

Diese Kolumne beginnt höchst merkwürdig: mit einem Satz nämlich, in dem Donald Trump und Isaac Newton gemeinsam vorkommen. Was beide verbindet? Nein, es ist nicht der Status als „Genie“, auch wenn der amerikanische Präsident sich unlängst zu einem solchen erklärt hat. Derlei Zuschreibungen will ich lieber – so wie bei Newton – der Geschichte überlassen. Was beide verbindet, ist dies: Der eine macht genau das, was der andere vor drei Jahrhunderten als eines der großen Übel der Menschheit identifiziert hat. „Die Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenige Brücken“. Das hat Newton schon vor 300 Jahren gesagt. Trump setzt es um. Aber er ist längst nicht der Einzige. Seine Mauer ist lediglich die symbolträchtigste. Sie steht stellvertretend für immer mehr Mauern auf der ganzen Welt –echte aus Stein und jene in den Köpfen. Und so klingt das Zitat heute aktueller als in den vielen Jahrzehnten zuvor. Denn die vergangenen 70 Jahre, sie waren eine Zeit des Brückenbauens, ja vielleicht waren sie die längste Zeit des Brückenbauens, die wir auf der Welt, aber mindestens in Europa, jemals erlebt haben. Eine Ära, in der wir gemeinsam Mauern und Grenzen, ja sogar einen Eisernen Vorhang eingerissen und stattdessen Brücken gebaut haben.                                                                        Heute – so scheint es nicht nur bei der US-Außenpolitik oder beim Brexit, sondern gerade vor der Europawahl auch in vielen Ländern Europas – rufen nicht wenige Stimmen dazu auf, diese Brücken einzureißen und wieder Mauern zu bauen. Und so erscheint Newtons Zitat auf einmal nicht mehr als 300 Jahre alte Warnung, sondern als Beschreibung unserer eigenen Zeit. Wir Mainzerinnen und Mainzer aber wissen genau, wie wichtig Brücken sind, die echten und die metaphorischen. Und so haben wir ganz in Newtons Sinne in den vergangenen 70 Jahren Brücken in die ganze Welt gebaut. Diese Brücken sind unsere Städtepartnerschaften. Sie sind das Sinnbild einer Ära der Völkerverständigung, die in der Geschichte ihresgleichen sucht und die wir heute gegen all die Mauern verteidigen müssen.

Sieben Städtepartnerschaften hat Mainz: mit Dijon in Burgund, mit Watford in der Grafschaft Hertfordshire nordwestlich von London, mit Louisville in Kentucky, mit Haifa, der Hauptstadt des nördlichen Israels, mit Valencia, der drittgrößten Stadt Spaniens (der ersten spanischen Stadt übrigens, in der mit Gutenbergs Erfindung gedruckt wurde), mit der kroatischen Hauptstadt Zagreb und mit der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt. Hinzu kommen noch die Partnerschaft zwischen Laubenheim und Longchamp in Burgund und zwischen Finthen und Rodeneck in Südtirol.                                                          Auf alle diese internationalen Verbindungen unserer Stadt sind wir stolz. Unsere Städtepartnerschaften gehören zum Selbstverständnis unserer weltoffenen Stadt. In ihnen leisten die Mainzerinnen und Mainzer die Basisarbeit der Völkerverständigung. Besonders dankbar bin ich dabei unseren Mainzer Städtepartnerschaftsvereinen. Sie füllen die Partnerschaften mit Leben, helfen Kontakte zu den Menschen in unseren Partnerstädten zu knüpfen und sie zu pflegen. Sie halten den Austausch lebendig und bringen allen Mainzerinnen und Mainzern auf Konzerten, Lesungen und Reisen die Kultur unserer Partnerstädte näher. Mit anderen Worten: Sie bringen die Menschen zusammen. Und das ist es – davon bin ich fest überzeugt – was wir heute mehr denn je brauchen. Denn obwohl wir dank Social Media und Smartphone auf der Welt noch nie so nah beieinander waren, scheinen die Menschen sich immer weiter voneinander zu entfernen. Der Brexit hat uns schmerzlich vor Augen geführt, dass immer mehr Brücken und immer weniger Mauern keine Selbstverständlichkeit mehr sind, dass es auch wieder anders kommen kann. Wer aber die Menschen anderer Kulturen persönlich kennt, wer Freundschaften hat in andere Länder, der baut ganz selbstverständlich jeden Tag an den Brücken mit, die uns verbinden. Dafür sind unsere Städtepartnerschaften ein großartiger Rahmen. Und deshalb ist es ein Glück, dass wir gerade in diesem Jahr wieder ein besonderes Jubiläum feiern: Unsere jüngste Partnerschaft wird 25 Jahre alt. Es ist jene mit Louisville in Kentucky. Und so bietet uns gerade jetzt, wo wir auf die große Politik in Washington mit Sorge und oft auch mit Unverständnis blicken, das Jubiläum die Möglichkeit, an der Völkerverständigung einfach selbst zu arbeiten und einander besser – und vielleicht neu – kennenzulernen.                                                                          Ich will Ihnen deshalb gerade in unserer Zeit ans Herz legen: Machen Sie mit bei der Basisarbeit der Völkerverständigung in Europa und in der Welt. Füllen Sie unsere Städtepartnerschaften mit Leben. Die Städtepartnerschaftsvereine freuen sich auf Sie. Bauen Sie, wo immer Sie können, an den Brücken, die unsere Welt tragen und die die Menschen einander näherbringen. Denn je mehr wir Brücken bauen, desto weniger Steine bleiben für die Mauern.

Ihr Michael Ebling