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Mit Blattgold und Knoblauchsaft

Lerchenberg/Drais – Bis zu 80 Mal geht Hermina Giani mit dem Pinsel über das Heiligengesicht, bis es so ist, wie sie es wünscht. Sehr plastisch wirken die Ikonen, mit denen sich die gebürtige Münchnerin beschäftigt. 60 Exponate hatte die Künstlerin von Augsburg, wo sie lebt, zur Ausstellung auf dem Lerchenberg mitgebracht. Drei Tage konnte man die Werke im katholischen Gemeindezentrum St. Franziskus bewundern. Ikonen sind Kult- und Heiligenbilder, die überwiegend in den Ostkirchen, besonders der orthodoxen Kirchen des byzantinischen Ritus von orthodoxen Christen verehrt werden, jedoch wurden sie auch von und für nicht orthodoxe Christen produziert.
Das hat auch Hermina Giani so gemacht, ob die Darstellung verehrter Heiliger der Ostkirche im Blick oder die Abbildung westlicher Heilige wie des Erzengels Michael, spielt für die eine untergeordnete Rolle, da, wie sie dem Publikum bei der Eröffnung erklärte, die Ikonenmalerei lange vor der Kirchenspaltung entstand. Ikonen sollen Ehrfurcht zu erwecken und stehen als „Fenster zur himmlischen Wirklichkeit“. Sie gelten als Offenbarung ebenso wie das Wort der Bibel. Wen wundert es da, dass so viel Sorgfalt auf die Malerei verwendet werden muss, die im Übrigen gar nicht als Malen, sondern als „Schreiben“ bezeichnet wird nach altem Brauch. Die Maler werden in der Ostkirche nicht als Künstler, sondern bewusst als „Ikonenschreiber“ bezeichnet, welche in einer speziellen traditionellen Form die alten „Nachrichten“ wiederholend abschreiben.

Gelernt hat Hermina Giani nach dem Studium der Kunstgeschichte und Slawistik in München bei einem russischen Ikonenmaler und bei Lehren in Belgrad. Längere Zeit verbrachte sie bei griechischen Mönchen auf dem Berg Athos. Malaufträge für orthodoxe Kirchen in Deutschland, Jugoslawien und Schweden und viele Ausstellungen folgten. „Vor 50 Jahren hatte ich den ersten Kontakt zur orthodoxen Kirche und zur Ikonenmalerei. Da habe ich meine seelische Heimat gefunden“, sagt Giani. In ihrem Atelier in Augsburg vergesse sie die Zeit, wenn auch oder gerade weil die Technik äußerst aufwendig und auch mühsam ist. Freude hat sie dann, wenn sie nach dem x-ten Farbauftrag etwa sieht, wie die Falten in den Gewändern plastisch und plastischer werden.
Erst male sie den Grund und verwende Erdpulverfarben und Eidotter dazu. Dann ziehe sie Linien mit Knoblauchsaft, die später golden werden sollen. Locker erklärt sie den Gästen ihre Vorgehensweise und die Begeisterung strahlt aus ihr wie ein starkes Licht – auch nach 50 Jahren. „Für mich ist es immer noch ein Wunder“, sagt sie. Mit einer Brotkugel drückt sie aufs Blattgold, bringt es auf das Holz auf und nur am Knoblauchsaft bleibt das Gold haften. Hermina Giani weiß: „Das hält 100 Jahre.“